Was vielen Anlegern als gutes und
lukratives Geschäft angedient wurde, könnte sich schlussendlich als Ponzisystem
entpuppen.
Das Angebot: Container kaufen und von Magellan an Reedereien
vermieten lassen und dafür laufend Mietzahlungen kassieren. Mindestens 6%
Rendite wurde versprochen. Risiko: Null, da Magellan versprach nach
Vertragsende die Container zurückzukaufen. Insider
zweifeln mittlerweile daran, dass Magellan zu irgendeinem Zeitpunkt über ein
tragfähiges Geschäftskonzept
verfügte.
Mit der Insolvenz der Magellan Maritime Service GmbH erlebt
der graue Kapitalmarkt seinen nächsten Massenschadensfall. Das Geld von rund
9000 Anlegern, die in die Seecontainer investiert haben, steht auf dem Spiel.
Insgesamt geht es um ca. 350 Millionen Euro.
Der Containermarkt gilt nach dem Boom seit einigen Jahren
als äußerst schwierig. Es wurden zu viele Container gebaut und nachdem der
Welthandel durch die große Vertrauenskrise 2008/ 2009 schrumpfte, sanken die
Mietpreise für Container auf bestimmten Strecken, vor allem von Europa nach
Asien, ins Bodenlose. Genau wie bei den Schiffsfonds haben Anleger in den
letzten Jahren sich gute Geschäfte mit einer Investition in Container
versprochen und Milliarden investiert. Dass sich diese Hoffnungen nicht erfüllt
haben, müssen viele Anleger nun schmerzhaft zur Kenntnis nehmen.
Insolvenzverwalter Borchardt ließ
mittlerweile verlauten, dass die vereinnahmten Containermieten geringer seien,
als die Mieten, die den Investoren gegenüber garantiert wurden. Wenn man dem
folgt, dann hätte Magellan seinen Verpflichtungen eigentlich nur durch das
Anwerben neuer Investoren erfüllen können. Also das klassische Strickmuster eines
Schneeballsystems.
Wer nun gedacht hat, dass der
Insolvenzverwalter die vereinnahmten
Containermieten nun zügig an die Investoren, also die Eigentümer der
Container weiterleitet, erlebt die nächste Überraschung. Mittels eines in Auftrag
gegebenen Gutachtens sollte die Frage geklärt werden inwiefern die Anleger
direkten Anspruch auf Mietzahlungen haben. Das Ergebnis ist bekannt:
Mietzahlungen an die Eigentümer der Container
werden zur Zeit nicht
durchgeführt.
Die Mieten für die Magellan-Container
fließen zwar – aber nicht auf das Konto der Anleger, sondern auf das der
insolventen Magellan Maritime Services GmbH. „Die Anleger werden als Eigentümer
der Container quasi ausgebootet“, sagt ein BSZ e.V. Anlegerschutzanwalt.
Der vorläufige Insolvenzverwalter
teilte in einem Rundschreiben mit, dass die Mietzahlungen der Reedereien für
die Container geleistet oder angewiesen wurden. Allerdings habe ein rechtliches
Gutachten ergeben, dass die Mietzahlungen der Reedereien nicht den Anlegern als
Eigentümer der Container direkt zustehen, sondern der Magellan Maritime
Services GmbH. Die Konten der Gesellschaft sind durch die Insolvenz allerdings
gesperrt, so dass die Mieten nicht an die Anleger ausgezahlt werden könnten. Da
die Anleger mit rund 90 Prozent ohnehin den größten Teil der Gläubiger
stellten, mache es aber auch kaum einen Unterschied auf welchem Konto die
Mieten nun landen, heißt es weiter in dem Schreiben.
Dem widerspricht ein BSZ e.V.
Anlegerschutzanwalt energisch: „Die Mieten werden nun Teil der Insolvenzmasse,
die an alle Gläubiger gleichmäßig verteilt wird. Also auch an Gläubiger, die
nicht in die Container investiert haben. Von der Insolvenzmasse werden aber
nicht nur die Forderungen der Gläubiger bestritten, sondern z.B. auch die
Verfahrenskosten oder die des Insolvenzverwalters. Es ist allerdings nicht
einzusehen, dass die Anleger quasi durch die Hintertür an diesen Kosten
beteiligt werden sollen.“
Laut dem Gutachten hätte die
Magellan Maritime Services die Mietforderungen bei Vertragsabschluss nicht
rechtswirksam an die Investoren abgetreten und sei daher auch der Inhaber der
Mietforderungen. Diese Ansicht ist durchaus umstritten.
Viele betroffene MMS-Anleger teilen dem BSZ e.V. Ihre
Meinung mit.
Nachfolgend einige Beiträge die uns
erreichten:
+++
„ Im Verwaltungsvertrag ist
festgeschrieben Zitat: „Der Investor beauftragt MMS…. Mit der Vermietung der
Container. ….MMS zieht die Mieten für
den Investor ein.“ „Damit hat MMS m.E. eine treuhänderische Tätigkeit
übernommen. Die dem Investor garantierten Mietanteile hatten somit im normalen
Geschäftsgang der MMS nichts zu suchen, sondern hätten gesondert bis zur
Auszahlung an den Investor aufbewahrt werden müssen. Im vorliegenden Fall ist
somit von strafrechtlich zu würdigender schwerer Untreue und Unterschlagung
auszugehen.“
„Jedem Investor ist die Reederei zu
benennen, die seine Container gemietet hat. Der Vorbehalt der den Reedereien
zugesicherten Vertraulichkeit ist mit der entstandenen Situation entfallen.“
„Im Insolvenzverfahren ist darauf zu
dringen, dass die Mietforderungen der Investoren vorrangig bedient werden, da
es sich hierbei um treuhänderisch verwaltete Gelder handelt, die außerhalb des
normalen Geschäftsbetriebs der MMS zu verwahren sind.“ „Sehr wichtig: Die
Verwaltung der Container ist in eine gesonderte Gesellschaft auszugliedern“
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„Insolvenzverfahren MMS · AG Hamburg
Az. 67c IN 237/16 · Verwaltungsvertrag 79560 ·
Statement zu meiner
Rechtsauffassung: Pacta sunt servanda (Red.
Verträge sind einzuhalten)
Zitat aus dem Verwaltungsvertrag:
MMS zieht die Mieten für den Investor ein. 1. MMS ist nicht etwa Mieter der
Investoren-Container, sondern vielmehr Makler i. S. Vermietung an diverse
Reedereien sowie Dienstleister i.S. hiermit zusammenhängender
Verwaltungstätigkeit. Für letzteres steht MMS der über die Mietgarantie hinaus
gehende Anteil an den Mieten als Honorar zu. Lediglich letzterer durfte in die
originäre Geschäftstätigkeit der MMS einfließen. 2. Damit hat MMS eindeutig
eine treuhänderische Tätigkeit übernommen. Bei den den Investoren zugesagten
Mietanteilen handelt es sich somit eindeutig um Treuhandvermögen, das zu den
vereinbarten Terminen an die Eigentümer auszuzahlen war und nicht für die
originäre Geschäftstätigkeit der MMS Verwendung finden durfte. Insofern
widerspreche ich dem von Ihnen in Ihrem Schreiben vom 02.06.2016 angesprochenen
- mir jedoch nicht in Textform vorliegenden - Gutachten der Kanzlei CMS Hasche
Sigle. Zivilrechtlich haben die Eigentümer der von MMS im Rahmen der
Verwaltungstätigkeit an Reedereien vermieteten Container unbeschränkten
Anspruch auf Auszahlung der gesamten garantierten Mietanteile. Strafrechtlich
ergibt sich aus dem Geschäftsgebaren der MMS u. a. der Verdacht der Untreue und
Veruntreuung, des Betruges, Unterschlagung ... Ich behalte mir vor, sollte mein
Anspruch auf Auszahlung meines Eigentums an den von den Reedereien gezahlten
Mieten nicht in voller Höhe befriedigt werden, den Vorgang der
Staatsanwaltschaft Hamburg zur Prüfung und ggf. Anklageerhebung gegen die
verantwortlichen Vertreter der MMS vorzulegen. Sollte der Insolvenzverwalter
das Treuhandvermögen (= Eigentum der Container-Investoren) der Insolvenzmasse
zuschlagen, behalte ich mir vor, auch dies dem Insolvenzgericht sowie der
Staatsanwaltschaft wegen Vermutung der Unterschlagung zur Prüfung und
Beurteilung vorlegen.“
+++
„Nachstehend bringe ich meine Vorstellungen, die ich in der
Gläubigerversammlung vertreten würde, zum Ausdruck. Zur Situation: Das von
Ihnen ins Feld geführte Gutachten bezügl. der Rechtssituation der Investoren
ist in meinen Augen fragwürdig. Weder der Kaufvertrag noch der Verwaltungsvertrag
lassen auch nur im entferntesten anklingen, dass MMS Mieter der
Investoren-Container sei. Es wird im Verwaltungsvertrag vielmehr klar zum
Ausdruck gebracht, dass MMS im Auftrag des Investors handelt, also quasi eine
treuhänderische Makler- und Inkassotätigkeit ausübt. Die Mieteinkünfte bzw. der
Anteil der Investoren hieran hätten auf separatem Treuhandkonto verwaltet
werden müssen und nicht in den Handelsbereich der MMS eingebracht werden
dürfen. So gesehen hat MMS seine treuhänderische Funktion missbraucht. Auch die
Begründungen für die Insolvenz sind wenig glaubwürdig. Große Mitbewerber der
MMS am Markt können lt. Umfrage nicht bestätigen, dass es Zahlungs- oder Vertragsschwierigkeiten
mit den Reedereien gäbe. MMS hat behauptet, diese Schwierigkeiten bezögen sich
insbesondere auf fernöstliche Reedereien, was von den Mitbewerbern klar
verneint wird. Der Gläubigerausschuß wurde offensichtlich willkürlich ausgewählt.
Ich kann nicht feststellen, dass den Investoren hier ein Wahl gelassen wäre...
Der Ausfall der Mietzahlungen ist für mich sehr schmerzlich, da sie der
benötigten Aufstockung meiner Rente dienen sollen. Aus diesem Grunde bin ich
auch nicht bereit, auf Ansprüche aus den Mieten seit dem 01.01.2016 zu
verzichten.“
+++
Zur Insolvenz: Die von den
Reedereien gezahlten Mieteinkünfte sind Eigentum der Investoren, das bis zur
jeweiligen Quartalsausschüttung von MMS treuhänderisch verwaltet wurde/hätte
verwaltet werden müssen. Sie können keinesfalls Teil der Insolvenz des
originären Geschäftsbetriebes der MMS sein und sind somit vorrangig vor der
Insolvenzmasse auszuschütten. Zum künftigen Verlauf: Die für die offenkundig
fehlerhafte oder fahrlässige Geschäftsführung verantwortlichen Personen sind
durch ehrbare Kaufleute zu ersetzen. Auf keinen Fall dürfen sie weiterhin an
treuhänderischen Verwaltungsvorgängen beteiligt werden. Die Verwaltung der
Investoren-Container ist vom Handelsbereich der MMS abzuspalten und in einer
gesonderten Gesellschaft aufzufangen. Dieser ist ein Beirat aus gewählten
Investoren als Überwachungsorgan zur Seite zu stellen. Eine Neugestaltung der
Verträge wird sich vermutlich nicht vermeiden lassen. In diesen könnte das
Wechselkursrisiko auf alle Schultern verteilt werden, nämlich: Zu einem
Stichtag wird die garantierte Miete in Euro als Basis für künftige Zahlungen
festgestellt. Dieser wird der amtliche Wechselkurs zum Dollar desselben Tages
gegenübergestellt. Am jeweiligen Quartalsletzten werden der aktuelle
Wechselkurs festgestellt und hieraus analog die Mietwerte in Euro im Vergleich
zum Ausgangskurs hiermit neu berechnet. Erscheint kompliziert, ist jedoch schon
mit einer einfachen Tabellenkalkulation schnell zu bewerkstelligen. Dies würde auch
die Verwaltungsgesellschaft bezüglich ihrer Eigeneinkünfte vom bisher
alleinigen Wechselkursrisiko entlasten. Die Zahlungen aus den bis zur
Neuordnung den Investoren in voller Höhe entstandenen und weiterhin
entstehenden Ansprüche sind - soweit nicht vom Treuhandkonto gedeckt - vom
Schuldigen, nämlich der MMS Handelsgesellschaft oder deren Nachfolger ggf.
ratenweise zu erbringen. Die für das Desaster verantwortlichen Personen sind
strafrechtlich zur Rechenschaft zu ziehen. Auch zivilrechtliche Maßnahmen
bezüglich Schadensersatz sind in Erwägung zu ziehen.
+++
Bis zum 18. Oktober können die Anleger der Magellan Maritime
Services ihre Forderungen beim Insolvenzverwalter anmelden. Das reguläre
Insolvenzverfahren wurde am 1. September am Amtsgericht Hamburg eröffnet (Az.:
67c IN 237/16).
„Für die Anleger ist die Anmeldung der Forderungen ein
erster wichtiger Schritt, den sie auf keinen Fall verpassen sollten. Es sollte
aber auch nicht der einzige bleiben“, sagt Horst Roosen, Vorstand des BSZ
e.V. Denn wie sich aus diesen
Ausführungen ergibt, gibt es noch viel Klärungsbedarf. Insbesondere die
Aussagen des Insolvenzverwalters., dass
die Anleger keinen direkten Anspruch auf die Mieteinnahmen hätten und das
Anzweifeln, ob die Anleger überhaupt zu Eigentümern der Container geworden
seien, dürfte für jede Menge Sprengstoff bei der Gläubigerversammlung in
Hamburg am 18. Oktober sorgen. Es geht
aber auch darum, ob der jetzige Insolvenzverwalter seine Arbeit fortführen oder
ein anderer bestimmt werden soll. Anleger sollten daher den Termin der
Gläubigerversammlung wahrnehmen oder sich vertreten lassen. Der Prüfungstermin
für die angemeldeten Forderungen ist der 30. November.
Magellan Investoren die Ihrer Stimme den notwendigen
Nachdruck verleihen möchten, sollten ihre Interessen bündeln und sich in der
BSZ e.V. Interessengemeinschaft Magellan Maritime Services
zusammenschließen. So ist gewährleistet,
dass eine Vielzahl von Informationen zusammengetragen werden können. Die
Anlegerschutzanwälte welche mit dieser Interessengemeinschaft zusammenarbeiten
können sich damit optimal für die Interessen der betroffenen Anleger einsetzen.
Für die kostenlose Erstberatung durch mit dem BSZ e.V.
verbundene Anlegerschutzanwälte vermittelt der BSZ e.V. seinen
Fördermitgliedern bereits seit dem Jahr 1998 entsprechende Anwälte. Sie können
gerne Fördermitglied des BSZ e.V. werden und sich kostenlos der BSZ e.V. Interessengemeinschaft Magellan
Maritime Services anschließen.
Ein Antrag zur Aufnahme in die BSZ e.V. Interessengemeinschaft
Magellan Maritime Services kann kostenlos und unverbindlich mittels
Online-Kontaktformular, Mail, Fax oder auch per Briefpost bei dem BSZ e.V.
angefordert werden.
Direkter Link zum Kontaktformular:
BSZ® Bund für
soziales und ziviles Rechtsbewußtsein e.V.
Lagerstr. 49
64807 Dieburg
Telefon: 06071-9816810
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Der BSZ® e.V. ist zur Finanzierung seiner dem Anleger- und
Verbraucherschutz dienenden Projekte und Aktivitäten auf Ihre finanzielle
Unterstützung angewiesen. In Frage kommen dafür sowohl kleine als auch größere
Geldbeträge. Eine finanzielle Zuwendung an den BSZ® e.V. ist die einfache und
unbürokratische Form, sich gesellschaftlich zu engagieren, gibt Ihrem
Engagement eine Stimme und trägt zur Finanzierung der BSZ e.V. Anleger-und
Verbraucherschutz Projekte bei. Danke!
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Rechtshinweis
Der BSZ® e.V. sorgt mit der Veröffentlichung und Verbreitung
aktueller Anlegerschutz Nachrichten, die in der Regel von Rechtsanwälten
verfasst werden, seit 1998 für aktiven Anlegerschutz. Der BSZ e.V. sammelt und
veröffentlicht entsprechende Informationen die über das Internet jedermann
kostenlos zur Verfügung stehen. Rechtsberatung wird vom BSZ e.V. nicht
durchgeführt. Fördermitglieder des BSZ e.V. können eine erste rechtliche
Einschätzung kostenlos durch BSZ e.V. Vertragsanwälte vornehmen lassen.
Für Unternehmen die in unseren Berichten erwähnt werden und
glauben, dass ein geschilderter Sachverhalt unrichtig sei, veröffentlichen wir
gerne eine entsprechende Gegendarstellung. Damit wird gezeigt, dass hier
aktiver Anlegerschutz betrieben wird.
Dieser Text gibt den Beitrag vom 16.09.2016 wieder.
Eventuelle spätere Veränderungen des Sachverhaltes sind nicht berücksichtigt.