Die Ahrensburger Cargofresh AG hielt am 13.07.2009 und am 14.07.2009 Gläubigerversammlungen für die Anleger der beiden Anleihen mit einem Emissionsvolumen in Höhe von EUR 8 Mio. (9 % p. a. , Inhaberschuldverschreibung von
2005 / 2010 (WKN A0EY52), Versammlung vom 13.07.2009) und mit einem Emissionsvolumen in Höhe von EUR 20 Mio. (9 % p. a. , Inhaberschuldverschreibung von
2006 / 2012 (WKN A0JQ95), Versammlung vom 14.07.2009) ab.
Bei der ersten Anleihe (EUR 8 Mio., Laufzeitende 2010) stand auf der Gläubigerversammlung vom 13.07.2009 die Verringerung des Vertragszinses von 9% p.a. auf 5% p.a., die Stundung der Zinsen und die Verschiebung des Rückzahlungszeitpunkts vom 30.06.2010 auf den 30.06.2012 zur Debatte. Da die für die Fassung der Beschlüsse erforderliche Anwesenheit von mindestens 50% des Stimmkapitals nicht erreicht worden war, konnte lediglich über die Einberufung einer zweiten Gläubigerversammlung zur Abstimmung über die betreffenden Beschlüsse, abgestimmt werden. Die dann einzuberufende Gläubigerversammlung wäre unabhängig von der Menge des vertretenen Stimmkapitals beschlussfähig gewesen.
Während der Diskussion der Beschlussfassung vertrat der Vorstand der Cargofresh AG, Herr Wich, die Meinung, dass die Liquiditätsschwierigkeiten der Gesellschaft mit der Krise der Containerschiffahrt als einem möglichen Hauptabnehmer zusammenhänge, es mit der Überwindung der Krise aber sicher bald wieder besser gehen werde.
Die auf das Kapitalanlagerecht spezialisierten Hamburger BGKS Gröpper Köpke-Rechtsanwälte Matthias Gröpper und Mark Heinemann und Catia Sofia das Neves Sequeira vertraten auf der Gläubigerversammlung für die BSZ e.V.-Interessengemeinschaft Cargofresh AG eine der größten Gläubigergruppen und stellten mehrere kritische Fragen. Dabei standen Alternativen zur Stundung der Zinsen und der Verschiebung des ursprünglichen Rückzahlungszeitpunkts und die Einschätzung des Vorstands zur Prosperität des Unternehmens im Mittelpunkt. Danach hätten die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) und mehrere Geschäftsbanken die Zwischenfinanzierung zur Entspannung der Liquiditätslage abgelehnt. Die Geschäftsbanken begründeten das mit der unzureichenden Bonität der Gesellschaft. Zudem erklärte Herr Wich, dass er keine zuverlässigen Aussagen zur Durchsetzung des Geschäftskonzepts der Container mit der Technik "Controlled Atmosphere" und zur Steigerung der Nachfrage habe. Zu angeblichen Verhandlungen mit Großinteressenten wollte er in der Öffentlichkeit unter Verweis auf die Wettbewerbssituation keine Angaben machen.
Die BGKS Gröpper Köpke-Rechtsanwälte fanden die Aussagen unzureichend. Rechtsanwalt und BSZ e.V. Vertrauensanwalt Matthias Gröpper: "Wir haben auf der Versammlung den Eindruck gewonnen, dass die Banken kein Vertrauen in die Gesellschaft haben und die Sanierung der Gesellschaft mehr oder weniger vom Zufall abhängt. Das ist zu wenig gewesen. Wenn der Vorstand die Cargofresh AG mit der Unterstützung der Anleihe-Gläubiger wieder auf Kurs bringen will, muss er konkrete Sanierungsansätze bringen und die Anleger an möglichen Erfolgen überproportional beteiligen. Das hat er unseres Erachtens an dem Montag nicht getan."
Dessen ungeachtet stimmte die Mehrheit der Anleger für die zweite Gläubigersammlung bei der EUR 8 Mio.-Anleihe. Damit machte sie den Weg für die Abstimmung der Anleger über die im Streit stehenden Punkte (Stundung der Zinsen, Rückzahlung erst 2012) frei.
Bei der zweiten Gläubigerversammlung am 14.07.2009 (EUR 20 Mio.-Anleihe, Laufzeitende 2012) ging es vor allem um die Verringerung des Zinssatzes von 9% p.a. auf 5% p.a. und die Stundung der Zinsen bis 2012. Die Verschiebung der Rückzahlung war wegen einer Besonderheit im Schuldverscheibungsgesetz (Gesetz betreffend die gemeinsamen Rechte der Besitzer von Schuldverschreibungen vom 04.12.1899, SchVG) zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht möglich, weil ausschließlich Beschlüsse mit einer Wirkung von höchstens drei Jahren gefasst werden dürfen, § 11 Abs. 1 SchVG. Der Vorstand räumte aber auf Nachfrage von Herrn Rechtsanwalt Matthias Gröpper ein, dass er die Verschiebung des Rückzahlungszeitpunkts zu einem späteren Zeitpunkt zur Abstimmung bringen könnte.
BGKS Gröpper Köpke-Rechtsanwältin und BSZ e.V. Vertrauensanwältin Catia Sofia das Neves Sequeira: "Bei der zweiten Versammlung waren die Gläubiger der zweiten Anleihe teilweise gegen die Stundung der Zinsen und stimmten klar gegen Beschlüsse. Sie waren noch nicht einmal mit der erforderlichen Mehrheit mit der Einberufung einer weiteren Versammlung einverstanden. Das ist nach unserem Verständnis ein Mißtrauensvotum gegen die Unternehmensführung gewesen."
Die Meinung der Anleger ist konsequent. Die Gesellschaft hat in den letzten Jahren einen wesentlichen Teil des Emissionserlöses aus den beiden Anleihen im Gesamtvolumen in Höhe von EUR 28 Mio. verbraucht, ohne ein funktionierendes Unternehmen mit einem oder trotz eines nach Aussage des Vorstands Wich einzigartigen und überzeugenden Technolgiekonzepts aufzubauen. BGKS Gröpper Köpke-Rechtsanwalt Matthias Gröpper: "Da stellt sich schon die Frage, ob es allein an der Wirtschaftskrise gelegen hat. Und wir haben die Tatsache negativ bewertet, dass der Aufsichtsrat bei keiner der beiden Versammlungen zu den richtungsweisenden Beschlussabstimmungen anwesend gewesen ist und noch nicht einmal eine Stellungnahme verlesen ließ. Zudem fehlten Erklärungen des Vorstands zur persönlichen Unterstützung der Gesellschaft, beispielsweise durch einen partiellen Gehaltsverzicht, oder die Honorierung des Engagements der Gläubiger durch eine besondere Bonusvereinbarung, über die die Anleger überproportional an der Rettung der Gesellschaft beteiligt werden könnten. Im Übrigen halten wir es, wohl genauso wie die Banken, für höchst unwahrscheinlich, dass die Gesellschaft 2012 in der Lage ist, die Gesamtforderungen der Anleger in Höhe von mehr als EUR 30 Mio. zu erfüllen. Und dann haben die Anleger wieder dieselben Probleme wie jetzt. Das macht keinen Sinn."
Für die Anleger wird sich kurzfristig nichts ändern. BGKS Gröpper Köpke-Rechtsanwältin Sequeira: "Wir gehen davon aus, dass sich die Gesellschaft jetzt ernsthafter nach Alternativen für eine Zwischenfinanzierung umsehen wird und den Anlegern in den nächsten Monaten neue Beschlüsse zur Abstimmung vorlegen wird. Falls das Unternehmen keine neue Wege finden sollte, ist die Insolvenz mit dem Ziel, die Gesellschaft zu sanieren, eine weitere Option."
Und es gab noch eine Randnotiz. Als auf der zweiten Versammlung bekannt wurde, dass sich die Vermittlerin der Anleihen, die Wertpapierhandelshaus Driver & Bengsch AG (heute: ACCESSIO Wertpapierhandelshaus AG) aus Itzehoe durch den ehemaligen Vorstand Nils Petersen vertreten ließ, brandeten die Emotionen hoch. Viele warfen der Vermittlerin vor, nicht richtig über die Risiken aufgeklärt zu haben und die Anleger jetzt allein zu lassen. Die auf das Bank- und Kapitalanlagerecht spezialisierte Hamburger Anlegerkanzlei BGKS Gröpper Köpke kennt die Vorwürfe. Rechtsanwalt Matthias Gröpper: "Wir vertreten mittlerweile über 300 ACCESSIO-Kunden. Viele hatten Cargofresh-Anleihen gekauft. Die meisten berichteten uns, dass sie nicht über das Totalverlustrisiko, die schwierige Veräußerbarkeit und die Zahlung der Rückvergütungen ("Kick-Backs") aufgeklärt wurden. Auf ausdrückliche Nachfrage von BGKS Gröpper Köpke-Rechtsanwältin Sequeira zu den Kick-Backs bei der Vermittlung der Anleihen räumte Vorstand Wich nur ein, dass die Cargofresh AG die Vermittlung der Anleihen gegenüber Driver & Bengsch AG provisioniert hätten, aber nicht, in welcher Höhe. Deshalb dürfte auch angesichts der äußerst unklaren Situation bei der Emittentin eine am Erfolg versprechendsten Wege die Inanspruchnahme der Vermittlerin bleiben.
Für betroffene Anleger gibt es also mehrere gute Argumente, sich der BSZ e.V.Interessengemeinschaft „Cargofresh AG" anzuschließen.
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Dieser Text gibt den Beitrag vom 18.07.2009 wieder. Eventuelle spätere Veränderungen des Sachverhaltes sind nicht berücksichtigt