Seit den 80er und Anfang der 90er Jahre des vergangenen Jahrhunderts begannen zahlreiche Immobilien- und Vertriebsfirmen verstärkt damit, Verbraucher an der Haustüre, am Arbeitsplatz oder unter Ausnutzung familiärer oder persönlicher Kontakte für das Investment in Immobilien bzw. Immobilienfonds als Kapitalanlage anzuwerben. Viele „Experten“ kamen dabei schnell zu dem Schluss, dass sich hier ansehnliche Renditen erzielen lassen würden.
Schnell wurden daher von Initiatoren, Vertrieben und Banken Konzepte entwickelt, wie Anlegern Immobilien zur Kapitalanlage im Osten und Westen Deutschlands vermittelt werden konnten. Dies geschah zumeist mit Hinweisen auf die erheblichen Steuerersparnisse, die der interessierte Anleger erzielen können sollte. Andere Interessierte wurden mit dem Versprechen späterer Altersabsicherung durch eine angeblich hoch ertragreiche Immobilie zum Vertragsschluss überredet. Ein häufig genutztes Argument lautete etwa, dass der Anleger keinerlei eigene Zahlungen zu leisten habe, da alle Finanzierungskosten des Erwerbs durch Mieteinnahmen (bzw. Immobilienfondsausschüttungen) und Steuervorteile gedeckt würden. Regelmäßig erstellten die Vermittler für Ihre Neukunden „Berechnungsbeispiele“ oder „Prognoseberechnungen“ die eine sehr geringe bzw. gar keine monatliche Finanzierungsbelastung vorgaukelten.
Unter den Begriff „Schrottimmobilien" fallen also nicht in erster Linie Immobilien, die vielleicht sanierungsbedürftig oder baufällig sind, sondern es geht vielmehr um Immobilien (wie z.B. Eigentumswohnungen) aber auch Immobilienfonds als sogenannte „Immobilie des kleinen Mannes“ die an Anleger als Kapitalanlagemodell, fast immer gleichzeitig mit einer Finanzierung, vermittelt wurden und bei denen sich die Renditeerwartungen nicht erfüllten. Vielmehr standen die Anleger oftmals nach einer gewissen Zeit vor einem hohen Schuldenberg und wurden zum Teil in den Ruin getrieben.
Den Anlegern, denen solche Modelle angeboten wurden, wurde versprochen, dass sie - durch die zu erwartenden Mieteinnahmen - mit den Immobilien eine hohe Rendite erzielen würden. Regelmäßig wurden Mietgarantien mitverkauft; nach Ablauf der Mietgarantien waren die avisierten Mieten oft nicht im Ansatz realisierbar.
In nahezu allen Fällen wurde den neu geworbenen Kauf-Kandidaten, gleich ein entsprechender Bankkredit mitvermittelt. Den Anlegern wurde dabei suggeriert, dass hier kein Risiko für sie bestehen würde, denn den Kredit könnten sie aus den Mieteinnahmen, die sie erzielen würden, ablösen. Nach einigen Jahren, wenn der Kredit mit Zins und Tilgung zurückgezahlt worden sei, würden sie durch die Mieteinnahmen eine hohe Rendite erzielen und schuldenfrei Immobilieneigentümer sein. Häufig wurde den „Neukunden“ bei Darlehensaufnahme eine Kapitallebensversicherung angedient. Diese sollte bei Fälligkeit nach 20-30 Jahren den bis dahin tilgungsfreien Kredit endfällig tilgen. Die Folge war, dass die Neukunden hierdurch erhebliche weitere finanzielle Schäden erlitten, da Sie über Jahrzehnte hohe Zinsraten für Ihre endfälligen Darlehen zahlten aber gleichzeitig eine wesentlich geringere Rendite aus Ihrer Lebensversicherung erzielten.
Ferner wurden den Opfern eine ganze Reihe teurer und größtenteils fragwürdige zusätzliche Serviceverträge mit angedient, welche nur zum Ziel hatten den waren Wert der angedienten Immobilie/ Immobilienfonds zu verschleiern.
Durch den überteuerten Kaufpreis, unnütze und teure Serviceverträge sowie ungünstige und schädliche Finanzierungsformen verbunden mit provisionsträchtigen Lebensversicherungen erlitten die zahlreichen neu angeworbenen Schrottimmobilienopfer hohe finanzielle Einbußen, manche gerieten in die Privatinsolvenz. Spätestens wenn der teuer bezahlte sogenannte „Mietgarant“ nach Ablauf der Garantiezeit bzw. nach (vorhersehbarer) Insolvenz keine Zahlungen mehr leistete konnten die Immobiliendarlehen nicht mehr bedient werden. Für manche Betroffene stellte sich die Situation gar als so ausweglos dar, dass sie den Suizid wählten.
Dieses „Geschäftsmodell“ war für die Initiatoren, Vermittler und finanzierenden Banken dieser Immobilien-(Steuerspar-)Modelle hoch lukrativ. Die Verkäufer bzw. Initiatoren konnten überteuerte Immobilien an die Anleger verkaufen und die finanzierenden Banken konnten durch die Vermittlung von hohen Krediten an die Endverbraucher gute Geschäfte machen. Auch für die Vermittler der Kapitalanlagen war dieses Modell lukrativ, weil sie hohe Provisionen für die Vermittlung der Immobilien, unnützen Serviceverträgen, Darlehen sowie Versicherungen verdienen konnten. Durch psychologisch geschicktes Ausnutzen bestehender sogenannter Türöffnerkontakte aus Kollegen, Vereinen, Freundeskreis und sogar Familie konnte ein umtriebiger Vermittler mehrere Millionen pro Jahr an Provisionen umsetzen.
Mit Ausnahme des von den Vertrieben angeworbenen Neukunden machten alle Beteiligten ein glänzendes Geschäft. Voraussetzung hierfür war u.a. die Aufnahme eines den Kaufpreis weit übersteigenden Kredites aus dem sich alle Beteiligten über offene und verdeckte Provisionen sowie sogenannter Luftverträge (unnütze Serviceverträge) bereicherten.
Seriösen Schätzungen zufolge fielen zwischen 300.000 und 1 Million Menschen in Deutschland, vor allem seit Beginn der 90er Jahre des letzten Jahrhunderts, Immobilien zum Opfer, deren Rendite in der Folgezeit weit hinter den Erwartungen zurück blieb - den sog. Schrottimmobilien.
Der Schaden, der beim Erwerb dieser Schrottimmobilien entstanden ist, ist dabei immens. Berechnungen zufolge haben Anleger in den vergangenen 10 Jahren vermutlich ca. 100 Milliarden Euro verloren, weil sie ihr Geld in unseriöse Finanzfirmen steckten oder überteuerte Immobilien als Kapitalanlage kauften.
Der BSZ e.V. stellt seit einiger Zeit eine Wiederbelebung dieses fiesen Geschäftsmodell fest.
Rechtliche Ansatzpunkte dagegen sind u.A. :
• die in der Privatwohnung geführten Beratungsgespräche mit dem Vermittler
• das von dem Vermittler erstellte persönliche Berechnungsbeispiel
• der Geschäftsbesorgungs-/Treuhandvertrag mit unwiderruflicher Vollmacht
• Verletzung von gesetzlichen Formvorschriften
Sollte einer dieser Ansatzpunkte oder gar mehrere vorliegen, ergeben sich Möglichkeiten für ein rechtliches Vorgehen.
Gesetzliche Folge der Unwirksamkeit von Darlehensverträgen ist, dass eine Rückabwicklung aller geleisteten Zahlungen und Freistellung von allen Zahlungsverpflichtungen verlangt werden kann. Auch im Rahmen von Schadenersatzansprüchen kann ggfls. eine vollständige Rückabwicklung durchsetzbar sein.
Diese Ansprüche gegen die finanzierende Bank kann jeder für sich alleine durchsetzen. Das enorme Prozessrisiko kann von einer einzelnen Person jedoch oftmals nicht getragen werden. Die Tatsache, dass die meisten geschädigten Immobilienerwerber nicht in der Lage sind, ihre Interessen durchzusetzen, gereicht erfahrungsgemäß den Banken zum Vorteil. Aufgrund der hohen Kosten für die Führung eines entsprechenden Prozesses, schrecken die meisten Opfer davor zurück, gegen die Banken zu klagen. Problematisch in diesem Zusammenhang ist, dass Rechtsschutzversicherungen sich häufig auf den sog. Neubauausschluss nach § 4 Abs.1 Buchstabe k ihrer Allgemeinen Rechtsschutzbedingungen (ARB) berufen und somit die Finanzierung von Prozessen ablehnen.
Eine starke Gemeinschaft wie der BSZ e.V. kann mitunter die Führung teurer Prozesse vermeiden helfen, indem außergerichtlich stärker aufgetreten werden kann. Bereits im Vorfeld einer klageweisen Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen werden Informationen durch den BSZ e.V. gebündelt.
Mit dem Urteil des EuGH vom 15. April 2010 in der Rechtssache C 215/08 hat der Europäische Gerichtshof zu der für viele Anleger spannenden Frage entschieden, dass auch in Sachen "Schrottimmobilien" eine Rückabwicklung der Beteiligung an einem Immobilienfonds als so genanntes Haustürgeschäft möglich ist, wenn die Beteiligung außerhalb von Geschäftsräumen erworben wurde und die Widerrufsfrist noch nicht abgelaufen ist.
Diese grundsätzlich für betroffene Fondsinhaber positive Entscheidung des EuGH hat zur Folge, dass mit Widerruf der Beteiligung eine Rückabwicklung des Beitritts eingefordert werden kann. Im Einzelfall ist jedoch zu prüfen, ob eine solche Rückabwicklung dem Betroffenen immer nutzt. So hatte dies im entschiedenen Fall sogar zur Folge, dass der aussteigende Anleger aufgrund eines negativen Kapitalkontos noch eine Zahlung an die Fondsgesellschaft zu leisten hat. Ein unüberlegter Fondsausstieg kann damit auch sehr teuer werden.
"Entscheidend ist, in welcher Rechtsform der Gesellschafter sich an der Fondsgesellschaft beteiligt hat. Der EuGH hat für eine Beteiligung an einem Immobilienfonds in Form einer Personengesellschaft (GbR-Gesellschaft bürgerl. Rechts) ausdrücklich entschieden, dass der Gesellschafter im Fall des Widerrufs nur sein Auseinandersetzungsguthaben zurückfordern kann. Dieses Guthaben kann im Einzelfall negativ sein, so dass dem Gesellschafter sogar eine Nachzahlung droht."
Ob diese Art der Abwicklung auch für andere Beteiligungsformen wie Personenhandelsgesellschaften oder Genossenschaften gilt, hat der EuGH jedoch ausdrücklich offen gelassen. "Da es sich bei Kommanditgesellschaften und Genossenschaften um andere Konstellationen mit unterschiedlichen Rechtspflichten für die Beteiligten handelt, kann nicht automatisch darauf geschlossen werden, dass die aktuelle Entscheidung auch für diese Rechtsformen übertragbar ist. Eine fachkundige Einzelfallprüfung ist daher dringend zu empfehlen".
Für weitere Informationen können sich betroffene Anleger der BSZ e.V. Interessengemeinschaft „Schrottimmobilien + Immobilien-Rückabwicklung" anzuschließen.
Foto: Buch Schrottimmobilien
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Dieser Text gibt den Beitrag vom 03.01.2011 wieder. Eventuelle spätere Veränderungen des Sachverhaltes sind nicht berücksichtigt.