Samstag, Februar 23, 2019

Bundesgerichtshof: Die obersten Zivilrichter stellten fest, eine illegale Abschalteinrichtung ist ein "Sachmangel".

Das bedeutet: Besitzer eines abgasmanipulierten Diesel können vom Kaufvertrag zurücktreten. Sie bekommen dann den Kaufpreis erstattet abzüglich einer Nutzungsentschädigung oder eine Ersatzlieferung - also ein mängelfreies Fahrzeug.  Dann entfällt sogar die Nutzungsentschädigung.

BGH stärkt VW-Kunden - Geben Sie Ihren Schummeldiesel zurück - gegen Kaufpreiserstattung! Der Bundesgerichtshof stellte jetzt in einem bemerkenswerten Hinweisbeschluss fest, illegale Abschalteinrichtungen bei der Abgasreinigung von VW-Dieselmotoren sind als sogenannter Sachmangel einzustufen. Das stärkt nicht nur die Position von VW-Kunden im Dieselskandal ganz erheblich. Das bedeutet letztlich, dass alle Besitzer von Schummeldieseln vom Kaufvertrag zurücktreten können - egal welche Automarke. Sie bekommen dann entweder den Kaufpreis abzüglich einer Nutzungsentschädigung zurück oder sie können eine sogenannte Ersatzlieferung verlangen, also ein mängelfreies Fahrzeug. In diesem Fall würde sogar die Nutzungsentschädigung entfallen.

Der Bundesgerichtshof (BGH) findet im Abgasskandal deutliche Worte.

Laut Pressemitteilung des BGH vom 22.02.2019 hat der BGH in einem Hinweisbeschluss vom 8. Januar 2019 klargestellt, dass bei Fahrzeugen von einem Sachmangel auszugehen sein dürfte, wenn diese mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausgestattet sind, die den Stickoxidausstoß auf dem Prüfstand gegenüber dem normalen Fahrbetrieb reduzieren.

Nach diesem Hinweisbeschluss wollte es die beklagte Autohändlerin auf eine Verhandlung vor dem BGH offensichtlich nicht mehr ankommen lassen. Eine für den 27. Februar unter dem Aktenzeichen VIII ZR 225/17 angesetzte Verhandlung wurde abgesagt, weil sich die Parteien noch verglichen haben, wie der BGH heute mitteilte. Das ist umso bemerkenswerter, weil die Autohändlerin das Berufungsverfahren vor dem OLG Bamberg noch gewonnen hatte.

In dem Fall ging es um die Klage eines Verbrauchers, der 2015 einen vom Abgasskandal betroffenen VW Tiguan gekauft hatte und nun die Lieferung eines mangelfreien Neufahrzeugs forderte.

Das OLG Bamberg hatte die Klage jedoch mit der Begründung zurückgewiesen, dass dieses Tiguan-Modell inzwischen gar nicht mehr gebaut werde und das Nachfolgemodell erhebliche Unterschiede zum Vorgänger aufweise. Der Verbraucher gab nicht auf und trug seine Klage bis vor den BGH. „Das hat sich gelohnt. Auch wenn es kein Urteil des BGH gibt, schafft der Hinweisbeschluss des Senats auch für Verfahren gegen VW Klarheit. Denn die vereinzelt von Gerichten vertretene Auffassung, bei unzulässigen Abschalteinrichtungen, wie sie in VW Diesel-Fahrzeugen mit EA-189 Motoren eingebaut waren, handle es sich um einen nur unwesentlichen Mangel, dürfte damit vom Tisch sein“,

Dass der BGH wahrscheinlich zu Gunsten des Verbrauchers entschieden hätte, wird in seiner Pressemitteilung zum Hinweisbeschluss vom 8. Januar 2019 deutlich.

Darin stellte der Senat klar, dass „bei einem Fahrzeug, welches bei Übergabe an den Käufer mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausgestattet ist, die den Stickoxidausstoß auf dem Prüfstand gegenüber dem normalen Fahrbetrieb reduziert, vom Vorliegen eines Sachmangels auszugehen sein dürfte, …weil die Gefahr einer Betriebsuntersagung durch die für die Zulassung zum Straßenverkehr zuständige Behörde besteht und es damit an der Eignung der Sache für die gewöhnliche Verwendung (Nutzung im Straßenverkehr) fehlen dürfte.“

Dieser Hinweisbeschluss des BGH ist auch für die Schadensersatzklagen gegen VW eine deutliche Ansage.

  • „Der BGH hat aus Sicht der hier berichtenden Rechtsanwälte klargemacht, dass eine unzulässige Abschalteinrichtung einen Mangel darstellt und der Verbraucher Anspruch auf Ersatz hat.

Damit hat er auch ohne Urteil die Rechte der Verbraucher im Dieselskandal gestärkt und Schadensersatzansprüche gegen VW dürften sich noch besser durchsetzen lassen. Die Forderungen sind in der Regel noch nicht verjährt, sondern können noch mindestens bis Ende 2019 geltend gemacht werden“, so ein hier berichtender Rechtsanwalt.

Der Hinweisbeschluss des Bundesgerichtshofs kann durchaus als Aufforderung an alle Dieselkäufer verstanden werden, ihre Ansprüche geltend zu machen.

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