Donnerstag, Juli 07, 2016

KTG WOLLTE ALLEN ZEIGEN WIE LANDWIRTSCHAFT GEHT - DAS GING ABER GRÜNDLICH DANEBEN.

Autor: Holger Douglas Der größte deutsche Agrarkonzern ist pleite. Die KTG Agrar SE hat einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung gestellt. Die Tochtergesellschaften sind von dem Antrag nicht betroffen.


KTG konnte Anleihezinsen nicht termingerecht begleichen. Ziel des Verfahrens, das in Eigenverwaltung unter Aufsicht des Sachwalters Stefan Denkhaus von der Sozietät BRL Boege Rohde Luebbehuesen geführt werden soll, ist die Restrukturierung des Konzerns.

Entscheidend ist erst einmal, dass die Ernte ohne Einschränkungen läuft. Jetzt ist Hochbetrieb in der Landwirtschaft. Interessant wird dann sein, wie sich die Getreidepreise entwickeln: Wirft KTG sein gesamtes Erntegut auf den Markt, weil schnell Geld gebraucht wird? Damit sinken die Preise. Oder kann KTG es sich erlauben, die Ernte so lange zu lagern, bis die Märkte wieder aufnahmefähig sind? Das alte Spiel, das jeder Landwirt lösen muss, hier allerdings in sehr großem Maßstab.

Das Geschäftsmodell von KTG klang zunächst so, dass viele Anleger gelockt werden konnten: Ein großer Agrarkonzern, der vor allem viele Flächen in der ehemaligen DDR, später dann auch in Rumänien und Litauen, übernahm und professionell mit modernem Maschineneinsatz bewirtschaftete. Riesige, teure Mähdrescher, die sich zur Erntezeit quer durch den Nordosten Deutschlands arbeiten, um dann nach Litauen verschifft zu werden. Dort beginnt die Ernte aufgrund der Witterung etwas später. So werden die sündhaft teuren Maschinen gut ausgenutzt.

Zentrale Figur: Siegfried Hofreiter (nicht verwandt mit dem grünen Politiker). Der gelernte Landwirt baute ab 1996 das Unternehmen im landwirtschaftlichen Bereich auf, konzentrierte sich auf die früher nicht besonders effiziente Landwirtschaft im Osten, ging 2007 an die Börse. Im gleichen Jahr wurden auch die ersten Biogasanlagen in Betrieb genommen, die sich nur aufgrund der üppigen Subventionen rechnen.

KTG beteiligte sich kräftig am sogenannten »Landgrabbing«, kaufte billig riesige Ländereien auf. Das geschieht derzeit in großem Maßstab im Nordosten Deutschlands. Internationale Kapitalanleger kaufen in hohem Umfang Land auf, ähnlich wie das in vielen Teilen Afrikas und Südamerikas geschieht. Das Land wird in riesige Agrarwüsten verwandelt. Fachleute sehen Bodenerosionen und andere Gefahren. Eine Folge war jene plötzliche gewaltige Staubwolke vor ein paar Jahren, in die Autofahrer im April 2011 rauschten und eine Massenkarambolage mit acht Toten und 130 Verletzten verursachte.

Hofreiter wollte die gesamte Wertschöpfungskette vom Land bis hin zum Teller. Er übernahm den in Konkurs gegangenen Hersteller von Tiefkühlkost Frenzel in Sachsen, dann 2011 die Ölmühle in Anklam. Vor allem lockten die Subventionen im Bereich der sogenannten »erneuerbaren Energien«. Die rechnen sich am Markt allein nie. Die Tochter KTG Energie macht in Biogas und ist drittgrößter Produzent in Deutschland, gerät allerdings jetzt auch unter Druck. Creditreform senkte jetzt das Ranking.

Der KTG-Umsatz erhöhte sich dann auf zuletzt 326 Millionen Euro. Es haperte trotz der Subventionen an der Rentabilität. 18 Millionen fehlten schließlich in der Kasse, um die Zinsen auf eine Anleihe von Anlegern bezahlen zu können.

Die Agrarzeitung zitiert eine Gruppe von Investoren mit der Bemerkung, Hofreiter sei »nicht integer genug«, die KTG Agrar SE im Interesse der Aktionäre und Anleihegläubiger zu restrukturieren.

Vermutlich dürften viele Verpächter von Flächen auf ihren Ansprüchen sitzenbleiben. Vielfach wurden die Kauf- oder Pachtverträge mit KTG-Tochtergesellschaften abgeschlossen. Die Bodenverwertungs- und Verwaltungs GmbH (BVVG), die die Privatisierung der ehemals volkseigenen land- und forstwirtschaftlichen Flächen betreibt, will ihre Ansprüche anmahnen und Flächen gegebenenfalls kündigen. Danach sollen sie wieder ausgeschrieben werden, allerdings in kleineren Größen.

Verpächter von Flächen sollten sich künftig gut überlegen, so der Rat von Experten des Bauernbundes Brandenburg, die die Interessen der kleineren Landwirte vertreten, an wen sie ihr Land verpachten. Sie warnen vor verschachtelten Agrargesellschaften mit ihrem hohen Risiko.

Sie weisen übrigens auch daraufhin, dass KTG Beispiel dafür sei, dass das Konzept vieler Agrarwissenschaftler und Politiker nicht aufgehe. Pure Größe allein verspreche keinen Erfolg. Doch dürfte das vielfach ein frommer Wunsch bleiben. Der weltweite Trend geht hin zu großen Agrarkonzernen. Da ist es bezeichnend, dass der einzige deutsche Konzern in diesem Spiel auch mit Subventionen nicht überleben konnte.

Kamen diese Beihilfen nicht rechtzeitig? Unwahrscheinlich. Experten kritisierten vielmehr, dass Hofreiter zu viel wollte. KTG ist offenbar zu schnell gewachsen und doppelt so groß geworden wie wirtschaftlich verträglich sei.

Das wirft auch ein bezeichnendes Licht auf die Situation auf dem Agrarsektor:

SPD/CDU/Grüne faseln von weniger Düngen und beschließen auf Kosten der Landwirte munter eine »Ammoniakreduzierung um 29 Prozent«, bürgen damit Deutschland in freudig grünen Heilserwartungen die höchste Last auf, natürlich um sich als Klimaretter aufspielen zu können. Dagegen wissen die vielen kleineren und mittleren Landwirte kaum noch, wie sie überhaupt Erträge erwirtschaften sollen.

Die Landwirtschaft hierzulande kann praktisch nur mit Hilfe von Subventionen überleben. KTG wird jetzt Wettbewerbsverzerrung zu ungunsten der vielen kleinen Landwirte vorgeworfen, die ihre Kredite bis zum letzten Cent tilgen müssen. Besonders bitter dürfte ihnen das Verfahren auch deshalb aufstoßen, weil ihnen das rasche Aus droht, wenn sie ihre Flächenpachten nicht begleichen. Aber KTG dürfte »too big to fail« sein.

Und als sehr kritisch sind die Subventionen im Ökobereich zu sehen, wie das Beispiel KTG weiterhin zeigt. KTG muß entweder fast die Hälfte ihrer Ackerflächen dazu benutzt haben, Mais für gut subventioniertes Biogas - oder passender Faulgas - zu produzieren. KTG selbst sagt aber, daß 20 000 Hektar Ackerland für den sogenannten ökologischen, 26000 Hektar für den konventionellen Anbau bewirtschaftet würden. Oder aber KTG müsste dann, wie Fachleute vermuten, einen Großteil des Maises für die unersättlichen Biogasanlagen dazugekauft haben. Diese Preise wiederum sind aufgrund der Nachfrage stark gestiegen.

Da tröstet, dass für die Landwirtschaft gerade Landwirtschaftsminister Schmidt (CSU) ein Hilfspaket aufgelegt hat. Die CDU/CSU Fraktion hat es beschlossen. Zahlen sind noch nicht bekannt. Doch dürfte es sich um einen Betrag zwischen 100 und 200 Millionen Euro handeln. Das dürfte sich zwischen 500 und 100 Euro pro Landwirt bewegen, also etwa so viel, wie die meisten Milchbauen und Schweinefleischerzeuger derzeit an Verlusten in einer Woche machen. Und von einem planvollen Konzept ist dabei überhaupt keine Rede.

Immerhin ist der KTG Absturz Balsam auf die Seele vieler kleiner Bauern. Die haben sich immer über das recht großspurige Auftreten KTGs geärgert, die allen zeigen wollten, wie Landwirtschaft geht

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 Dieser Text gibt den Beitrag vom 07.07.2016 wieder. Eventuelle spätere Veränderungen des Sachverhaltes sind nicht berücksichtigt.

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