Mittwoch, März 23, 2016

Anlegerfreundliche Entscheidung im Zusammenhang mit Swap-Geschäften! Ansprüche aus riskanten Zinswetten jetzt rechtlich prüfen lassen!

Bundesgerichtshof entscheidet erneut zu Beratungspflichten einer Bank bei Abschluss von Zinssatz-Swap-Verträgen mit einer Kommune in Nordrhein-Westfalen.


Der u.a. für das Bankrecht zuständige XI. Zivilsenat des  Bundesgerichtshofs hat sich erneut mit den Pflichten von Banken  beschäftigt, die eigene Zinssatz-Swap-Verträge empfehlen.  Die Klägerin, eine Gemeinde in Nordrhein-Westfalen mit rund 16.000  Einwohnern, und die Rechtsvorgängerin der Beklagten, die WestLB (künftig  einheitlich: Beklagte), vereinbarten unter anderem am 9. November 2006  einen "Kündbaren Zahler-Swap" mit einem Bezugsbetrag in Höhe von  3.779.573,89 Euro.  Die Klägerin verpflichtete sich zur Zahlung eines festen  Zinses von 6,44% p.a. Die Beklagte übernahm die Zahlung eines Zinses in  Höhe des 3-Monats-Euribors.

Weiter einigten sich die Parteien am 12.  März 2008 auf einen "Digitalen Zinsumfeld-Swap". Danach schuldete die  Klägerin zunächst einen festen und sodann einen Zins von entweder 2,25%  p.a. oder 6,95% p.a., wobei die Zahlungspflicht davon abhing, ob eine "Digitalbedingung" erfüllt war. Die Beklagte verpflichtete sich zur  Zahlung eines festen Zinses in Höhe von 3% p.a. aus dem Bezugsbetrag von  3 Mio. ?. Zugleich mit dem Abschluss des Zinssatz-Swap-Geschäfts  einigten sich die Parteien darauf, einen anderen Swap-Vertrag  aufzulösen, und preisten die aus diesem Vertrag resultierende negative  Vertragsposition der Klägerin in das neue Geschäft ein.

Am 16. November  2009 schlossen die Parteien einen "CHF-Plus-Swap". Nach diesem Vertrag war die Beklagte zur Zahlung eines festen Zinses in Höhe von 3% p.a. auf den Bezugsbetrag von 8 Mio. Euro verpflichtet. Die Klägerin schuldete einen  variablen Zins, der ausgehend von einem EUR/CHF-Wechselkurs von 1,4350  an dessen weitere Entwicklung gekoppelt war. Unterschritt der  Wechselkurs zu bestimmten Stichtagen diese Grenze, ergab sich ein  Aufschlag auf den in jedem Fall zu zahlenden Zinssatz von 2,5% p.a.  Zeitgleich lösten die Parteien einen weiteren Swap-Vertrag ab. Dabei  berücksichtigten sie den Umstand, dass die Klägerin der Beklagten aus  dem abgelösten Swap-Vertrag zur Leistung einer Ausgleichszahlung  verpflichtet gewesen wäre, bei der Gestaltung der Vertragspositionen im  Rahmen des "CHF-Plus-Swaps". Bei allen drei streitgegenständlichen  Zinssatz-Swap-Verträgen war der Marktwert bei Abschluss aus Sicht der  Klägerin in Höhe von mindestens rund 2,9% des jeweiligen Bezugsbetrags  negativ. Jedenfalls über die Höhe des anfänglichen negativen Marktwerts  unterrichtete die Beklagte die Klägerin nicht.

Dem Antrag der Klägerin auf Zahlung und Feststellung hat das Landgericht  teilweise, das Berufungsgericht auf die Berufung der Klägerin (von einem  geringen Teil der geltend gemachten Forderung abgesehen) in Gänze  entsprochen. Die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht
zurückgewiesen. Auf die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Beklagten hat der Bundesgerichtshof das Berufungsurteil aufgehoben,  soweit das Berufungsgericht zum Nachteil der Beklagten erkannt hat, und  die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. 

Der Bundesgerichtshof hat dabei die Annahme des Berufungsgerichts bestätigt, zwischen den Parteien seien im Zuge des Abschlusses der Zinssatz-Swap-Verträge Kapitalanlageberatungsverträge zustande gekommen. In Übereinstimmung mit seiner gefestigten Rechtsprechung (vgl. Pressemitteilungen Nr. 46/2011, Nr. 8/2015 und Nr. 70/2015) hat der Bundesgerichtshof indessen nochmals bekräftigt, dass entgegen der Annahme des Berufungsgerichts die beratende Bank über das Einpreisen eines anfänglichen negativen Marktwerts in einen mit ihr selbst geschlossenen Zinssatz-Swap-Vertrag nicht unter dem Gesichtspunkt einer objektgerechten Beratung, sondern aufgrund eines schwerwiegenden  Interessenkonflikts aufklären muss. Er hat weiter dahin erkannt, das Berufungsgericht habe Vorbringen der Beklagten nicht als unbeachtlich beiseitelassen dürfen, die für die Klägerin verantwortlich Handelnden hätten, was die Klage unbegründet gemacht hätte, in Kenntnis des Einpreisens eines anfänglichen negativen Marktwerts als solchem die Zinssatz-Swap-Verträge mit der Beklagten abgeschlossen, ohne an dessen konkreter Höhe interessiert zu sein. 

Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom heutigen Tag die Grundsätze aus seinem Urteil vom 28.April 2015 zur Verjährung wiederholt (vgl. Pressemitteilung Nr. 70/2015). Er hat außerdem zwei weitere für die Praxis relevante Fragen entschieden. 

Zum einen hat er Ausführungen dazu gemacht, wann ein Zinssatz-Swap-Vertrag konnex auf einen Darlehensvertrag bezogen ist, so dass die beratende Bank ausnahmsweise nicht auf einen schwerwiegenden Interessenkonflikt hinweisen muss. Um konnex zu sein, muss der Zinssatz-Swap-Vertrag mit der Bank geschlossen werden, die zugleich Darlehensgeberin des Kunden ist. Der Bezugsbetrag des  Zinssatz-Swap-Vertrags muss der zur Rückzahlung ausstehenden Valuta eines bereits bestehenden oder zeitgleich abgeschlossenen Darlehensvertrags entsprechen oder darf ihn jedenfalls nicht übersteigen. Die Laufzeit des Zinssatz-Swap-Vertrags muss bei variabel verzinslichen Darlehen der des Darlehensvertrags und bei Festzinsdarlehen der Laufzeit der Zinsbindung gleichstehen oder darf sie  jedenfalls nicht überschreiten. Die Zahlungspflichten der Bank müssen sich mit dem vom Kunden in dem zugeordneten Darlehensvertrag  übernommenen variablen oder festen Zins mindestens im Sinne einer  partiellen Absicherung gegenläufiger Zinsrisiken decken. Die Bank muss  jeweils zum gleichen Stichtag entweder den auf denselben Basiswert, etwa  einen Referenzzinssatz, bezogenen variablen Zinssatz des Kunden aus dem  Darlehensvertrag im Tausch gegen einen festen Zins übernehmen oder dem Kunden den von ihm aus dem Darlehensvertrag geschuldeten Festzins gegen  einen variablen Zins zahlen. Konnex sind mithin Zinssatz-Swap-Verträge,  die wirtschaftlich betrachtet zumindest partiell entweder ein variabel verzinsliches Darlehen in ein synthetisches Festzinsdarlehen oder ein Festzinsdarlehen in ein synthetisch variabel verzinsliches Darlehen umwandeln. 

Zum anderen hat der Bundesgerichtshof Ausführungen zur Vorteilsausgleichung gemacht. Danach kann ein Vorteil anzurechnen sein,  der daraus resultiert, dass der geschädigte Anleger aufgrund eines auf  demselben Beratungsfehler beruhenden Willensentschlusses zugleich mit dem und wegen des Abschlusses eines (neuen) Zinssatz-Swap-Vertrags, bei  dem er nicht über das Einpreisen eines anfänglichen negativen Marktwerts  unterrichtet worden ist, einen anderen ihm nachteiligen Swap-Vertrag  ablöst. Dieser Vorteil, der dem negativen Marktwert des Altvertrags im Zeitpunkt seiner Auflösung entspricht, ist unter Wertungsgesichtspunkten allerdings dann nicht anzurechnen, wenn der Anleger schon zum Abschluss des Altgeschäfts durch eine schuldhafte Pflichtverletzung der beratenden Bank veranlasst worden ist, ohne dass es darauf ankäme, ob Ansprüche wegen der früheren Beratungspflichtverletzung verjährt sind. 
Urteil vom 22. März 2016 - XI ZR 425/14 

Vorinstanzen:
LG Köln - Urteil vom 12. März 2013 - 21 O 472/11 
OLG Köln - Urteil vom 13. August 2014 - 13 U 128/13 

Quelle: Mitteilung Nr. 060/2016 vom 22.03.2016 der Pressestelle des Bundesgerichtshofs

Fazit des BSZ e.V.:

Trotz klarer Rechtssprechung gibt es immer noch viele Swap-Kunden, die sich nicht gegen ihre Verluste wehren. Die Rechtssprechung zu Gunsten der Kunden ist eindeutig.  Kaum eine Bank, die ihren Kunden ein Zinsswap-Geschäft verkauft hat, ist ihrer Aufklärungspflicht nachgekommen. Dies stellte der Bundesgerichtshof (BGH) bereits im April 2015 in einem Urteil (Az.: IX ZR 378/13) fest. Darin hatten die Richter noch einmal klargestellt, dass eine Bank, die einen Zinssatz-Swapvertrag empfiehlt, grundsätzlich verpflichtet ist, darüber aufzuklären, dass sie ihre Kosten und ihren Netto-Gewinn bereits in das Produkt einstrukturiert hat. Das hat nämlich zur Folge, dass der Marktwert bei Vertragsabschluss für den Kunden negativ ist. Dieses Urteil, so der BGH, gelte grundsätzlich und unabhängig von der Komplexität der Swap-Verträge. Die Verpflichtung zur Aufklärung über den anfänglichen negativen Marktwert umfasst, so der Bundesgerichtshof, die Verpflichtung zur Information auch über seine Höhe. Nur bei Kenntnis auch der Höhe des anfänglichen negativen Marktwertes kann der Kunde das eigene Interesse der Bank an der Empfehlung des Swap-Vertrages richtig einschätzen.

„Alle Kunden, die über diesen negativen Marktwert bei Vertragsabschluss nicht aufgeklärt wurden“, so die BSZ e.V. Anlegerschutzanwälte „können somit aus diesem Vertrag aussteigen. Denn die Erfüllung der Aufklärungspflicht der Bank, die zugleich Vertragspartner des Swaps ist, dürfte eher die Ausnahme gewesen sein.“

Wie sich jetzt wieder zeigt so lohnt es sich, derartige Geschäfte gegebenenfalls auch gerichtlich überprüfen zu lassen.  Viele Anleger, die solche Swap Geschäfte abgeschlossen haben, scheuen das Kostenrisiko. Zu beachten ist aber, dass nur derjenige, der vor Gericht unterliegt, die Kosten des Verfahrens zu tragen hat"

Ansprüche der Anleger können verjähren, so dass eine vorherige Prüfung in solchen Fällen sinnvoll ist. Nach Mitteilung der BSZ e.V. Anlegerschutzanwälte sollten derartige Fragestellungen immer vorab möglichst zeitnah geklärt werden, damit nicht mögliche Fristen versäumt werden.

Sollten betroffene Anleger annehmen, im Zusammenhang mit dem Abschluss von Swapverträgen schlecht oder gar falsch beraten worden zu sein, stehen ihnen die BSZ e.V. Vertrauensanwälte für eine erste Einschätzung ihrer Ansprüche und Erfolgsaussichten bei der Geltendmachung von Schadenersatz gerne zur Verfügung.

Weitere Informationen so wie ein Antrag zur Aufnahme in die BSZ e.V. Interessengemeinschaft Zinswetten/Swap-Geschäfte können kostenlos und unverbindlich mittels Online-Kontaktformular, Mail, Fax oder auch per Briefpost bei dem BSZ e.V. angefordert werden.


BSZ® Bund für soziales und ziviles Rechtsbewußtsein e.V.
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Telefon: 06071-9816810

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Für Unternehmen die in unseren Berichten erwähnt werden und glauben, dass ein geschilderter Sachverhalt unrichtig sei, veröffentlichen wir gerne eine entsprechende Gegendarstellung. Damit wird gezeigt, dass hier aktiver Anlegerschutz betrieben wird.


Dieser Text gibt den Beitrag vom 23.03.2016 wieder. Eventuelle spätere Veränderungen des Sachverhaltes sind nicht berücksichtigt.


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