Donnerstag, November 26, 2015

Restschuldversicherung bei Privatkrediten

Sie brauchen keine Restschuldversicherung? Dann verkaufen wir Ihnen erst recht eine! Es ist ein Vorgang, der sich täglich tausendfach in Deutschland ereignet: Jemand entscheidet sich, einen Pkw, einen Fernseher oder eine andere große Anschaffung nicht bar zu bezahlen, sondern über einen Kredit zu finanzieren.


Bei dieser Gelegenheit wird der Kunde mit einem auf den ersten Blick durchaus sinnvollen Finanzprodukt konfrontiert: der sogenannten Restschuldversicherung. Mehr oder weniger freiwillig wird sie in aller Regel zeitgleich mit dem Kreditvertrag abgeschlossen. Kritische Nachfragen des Kunden werden etwa mit dem Argument totgeschwiegen, dass anderenfalls nicht der "niedrige" effektive Jahreszinssatz angeboten werden könnte.

Viele Kreditnehmer erfahren es nie, andere zu spät: Restschuldversicherungen stellen oft einen überteuerten und entbehrlichen Luxus dar. Sie bringen den Kunden wenig bis nichts, den Kreditinstituten und Versicherungsunternehmen dagegen Umsätze im Milliardenbereich. Insbesondere bei der von Kreditinstituten oft "angebotenen" Umschuldung von Kontokorrentkrediten – ein aktueller Fall aus unserer Praxis – sind es gerade horrende Restschuldpolicen, die Kunden an den Rand der Zahlungsunfähigkeit treiben.

Eine Restschuldversicherung klingt zunächst nach einer guten Absicherung.  Für den Fall des Todes, der Krankheit, eines Unfalles oder der Arbeitsunfähigkeit bzw. -losigkeit des Kreditnehmers sollen sie einspringen und den laufenden Kredit bedienen. Der Darlehensnehmer wie auch etwaige Erben werden durch die Zahlungen des Versicherungsunternehmens von der noch fälligen Tilgungslast gegenüber dem Darlehensgeber (Bank) befreit.

Die Gründe, weshalb auch Verbraucherverbände gegen das Geschäft mit den Restschuldversicherungen Sturm laufen, sind vielfältig. Die Wichtigsten zusammengefasst:

Restschuldversicherungen halten häufig nicht, was plakativ angepriesen wird: Der Blick in die kleingedruckten Versicherungsbedingungen enthüllt oftmals, dass viele Risiken nicht abgedeckt sind. So werden beispielsweise die ersten drei Monate aus dem Leistungskatalog ausgenommen – oder aber im Falle der Arbeitslosigkeit sind nur die ersten zwölf Monate abgedeckt.

Besteht beim Kreditnehmer bereits eine Risikolebensversicherung oder Berufsun-fähigkeitsversicherung (worauf der Berater eigentlich hinweisen müsste!), kommt es für den Kunden zu einer überflüssigen und kostenintensiven doppelten Absicherung.

Restschuldversicherungen bzw. entsprechende Risikolebensversicherungen sind auf dem freien Markt um ein Vielfaches kostengünstiger zu erhalten als beim Koppelungsgeschäft. Die Banken arbeiten bei der Distribution der RSV-Policen ausschließlich oder exklusiv mit einem Versicherer zusammen, welcher – wie z. B. bei der Santander – noch dazu nicht selten zur gleichen Unternehmensgruppe gehört. Eine Auswahlmöglichkeit besteht für den Kunden nicht, ausgeschlossen wird ein freier Wettbewerb um die Konditionen.

Solange die Restschuldversicherung – zumindest pro forma – vom Kunden freiwillig abgeschlossen wird, besteht nach der Preisangabenverordnung keine Pflicht der Banken, die Kosten der Police im effektiven Jahreszinssatz auszuweisen. Finanziert wird sie allerdings vom Kunden über das Darlehen, so dass der Kreditnehmer – oft unbewusst – während der gesamten Laufzeit des Darlehens auch die Versicherungssumme mitverzinst. Häufig liegt der effektive Jahreszins für das Darlehen um 5 bis 10 Prozent höher als tatsächlich angegeben.

Die Versicherungsprämie fließt in der Regel per Einmalzahlung bei Vertragsschluss von der Bank an das Versicherungsunternehmen. Aus der vorschüssigen Einmalzahlung resultiert ein Zinsvorteil für die Versicherung, für den sich bei vergleichbaren Versicherungsarten wie Kapitallebens- oder Berufsunfähigkeitspolicen (monatliche Zahlungsweise!) keine Entsprechung findet.

Bis heute ist durch die Bank- und Versicherungsbranche unwidersprochen geblieben, dass bis zu 70 Prozent der Versicherungsprämie durch Kick-Back-Zahlung an die Kreditinstitute als Provision zurückfließen – und zwar ohne dass der Kunde hierüber aufgeklärt wird. Dies zeigt, dass die Prämien deutlich überhöht sind und vom Versicherer nicht zur Abdeckung der versicherten Risiken verwandt werden (müssen).

Wie Kreditnehmer aufgrund eines "Formfehlers" ihr Geld zurückbekommen können

Kreditnehmer, die Darlehensverträge mit Restschuldversicherungen ab dem Jahr 2002 abgeschlossen haben, sollten sie dringend aus der Schublade holen: Mit Urteil vom 15.12.2009 (XI ZR 45/09) hat der BGH entschieden, dass die genannten Verträge in der Regel als "verbundenes Geschäft" anzusehen sind. Die Folge ist: In den entsprechenden Widerrufsbelehrungen hätten Banken und Versicherer darauf hinweisen müssen, dass mit Widerruf des einen Vertrags auch der andere zu Fall gebracht wird. Diese qualifizierte Belehrung ist aber in den meisten Fällen unterblieben – und auch bis heute durch die Banken und Versicherungsunternehmer nicht nachgeholt worden (wahrscheinlich um die Kunden nicht auf ihr Recht zu "stoßen").

Regelmäßig steht daher Kreditnehmern auch heute noch ein Widerrufsrecht zu. Durch den Widerruf können unter anderem (ein Teil) der Restschuldversicherungs- prämie zurückgeholt werden wie auch die überhöht geleisteten Zinsen. Im Einzelfall können sich diese Forderungen auf Tausende Euro summieren.

Auch bei Verträgen, die vor dem Jahr 2002 abgeschlossen worden sind, lohnt die Überprüfung: Sollten sie sittenwidrig sein, besteht auch hier die Möglichkeit der Rückabwicklung.

Die BSZ e.V. Anlegerschutzanwälte der Kanzlei Steffens bieten Ihnen eine kostenlose Ersteinschätzung Ihrer Unterlagen an. Einem Widerruf sollte immer eine umfassende Prüfung der konkreten Belehrung vorausgehen. Denn ein erfolgreicher Widerruf hängt von einer handfesten juristischen Argumentation zur Fehlerhaftigkeit der Belehrung ab.

Prüfen Sie die Möglichkeit eines Widerspruchs ihrer Restschuld, Kredit, Lebens- oder Rentenversicherungsverträge. Sie sind sich unsicher, ob bei Ihrem Vertrag eine Widerrufsmöglichkeit besteht? Für die kostenlose Erstberatung durch Fachanwälte für Bank- und Kapitalmarktrecht vermittelt der BSZ e.V. seinen Fördermitgliedern bereits seit dem Jahr 1998 entsprechende Anwälte. Sie können gerne Fördermitglied des BSZ e.V. werden und sich kostenlos der von Ihnen gewünschten BSZ e.V. Interessengemeinschaft anschließen, in diesem Fall der BSZ e.V. Interessengemeinschaft Darlehenswiderruf.

Weitere Informationen können kostenlos und unverbindlich mittels Online-Kontaktformular, Mail, Fax oder auch per Briefpost bei dem BSZ e.V. angefordert werden.

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Foto: Rechtsanwalt und BSZ e.V. Vertrauensanwalt Karl-Heinz Steffens

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