Mittwoch, September 18, 2013

Bundesgerichtshof entscheidet erneut zu Schadensersatzklagen von Lehman-Anlegern

Der u. a. für das Bankrecht zuständige XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat sich in einem weiteren Verfahren erneut mit der  Schadensersatzklage eines Anlegers im Zusammenhang mit dem Erwerb von Zertifikaten der niederländischen Tochtergesellschaft der US-amerikanischen Investmentbank Lehman Brothers Holdings Inc. befasst. 


Der Kläger erwarb im Dezember 2007 von der beklagten Bank für einen  Anlagebetrag in Höhe von 102.000 EUR 100 Stück "Bonus Express Defensiv  Zertifikate II" zum Nennwert von je 1.000 EUR zuzüglich eines  Ausgabeaufschlags von 2%. Hierbei handelt es sich um  Inhaberschuldverschreibungen der niederländischen Lehman Brothers  Treasury Co. B.V., deren Rückzahlung von der US-amerikanischen Lehman  Brothers Holdings Inc. garantiert wurde. Zeitpunkt und Höhe der  Rückzahlung der Zertifikate sowie mögliche Bonuszahlungen an die Anleger  sollten nach näherer Maßgabe der Zertifikatbedingungen von der  Wertentwicklung des Dow Jones EuroSTOXX 50 Index abhängig sein, mit  denen das Zertifikat unterlegt war. Die Beklagte erwarb die Zertifikate  von der Emittentin zum Stückpreis von 972,50 EUR; ob sie den Kläger in dem  Beratungsgespräch über diesen - von ihr vereinnahmten - Einkaufsrabatt  von 27,50 EUR je Zertifikat aufgeklärt hat, ist zwischen den Parteien  streitig. Daneben erhielt sie den Ausgabeaufschlag, worauf in der vom  Kläger unterschriebenen Kauforder hingewiesen wurde.

Mit der Insolvenz der Emittentin (Lehman Brothers Treasury Co. B.V.) und  der Garantin (Lehman Brothers Holdings Inc.) im September 2008 wurden  die erworbenen Zertifikate weitgehend wertlos. 

Die im Wesentlichen auf Rückzahlung des Anlagebetrages gerichtete Klage  hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg. Die hiergegen gerichtete Revision des Klägers hat der Bundesgerichtshof zurückgewiesen. 

Für den Fall eines Festpreisgeschäfts hat der XI. Zivilsenat durch seine Urteile vom 27. September 2011 (XI ZR 178/10 und XI ZR 182/10; vgl.  Pressemitteilung 145/2011) und vom 26. Juni 2012 (XI ZR 316/11; vgl.  Pressemitteilung 99/2012) entschieden, dass die beratende Bank den  Kunden auf der Grundlage der insoweit gebotenen typisierenden  Betrachtungsweise weder über ihre Gewinnmarge noch darüber aufklären  muss, dass der Zertifikaterwerb im Wege eines Eigengeschäfts  (Kaufvertrag) erfolgt. An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest.  Daran hat sich auch durch die zum 1. November 2007 in Kraft getretene  und damit für den vorliegenden Fall maßgebliche Neufassung der §§ 31 ff.  des Wertpapierhandelsgesetzes durch das  Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz (FRUG) vom 16. Juli 2007 (BGBl. I S. 1330) nichts geändert.

Durch dieses Gesetz wurden die Richtlinien  2004/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004  (Finanzmarktrichtlinie) und 2006/73/EG der Kommission vom 10. August  2006 (Durchführungsrichtlinie) in nationales Recht umgesetzt, die jedoch  nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (Urteil  vom 30. Mai 2013 - C-604/11, ZIP 2013, 1417) bei Verstößen gegen die  gemäß diesen Richtlinien erlassenen Vorschriften lediglich  Verwaltungsmaßnahmen oder Verwaltungssanktionen gegen die  verantwortlichen Personen fordern, die Festlegung etwaiger vertraglicher  Folgen aber den innerstaatlichen Rechtsordnungen überlassen. Ob die  Richtlinien oder §§ 31 ff. WpHG, insbesondere § 31d WpHG, den Banken in  aufsichtsrechtlicher Hinsicht eine Pflicht zur Offenlegung von  Gewinnmargen oder Einkaufsrabatten auferlegen, hat der Senat  offen gelassen. Denn dies würde auch unter Beachtung der europarechtlich
geprägten Grundsätze der Äquivalenz und der Effektivität keine  zivilrechtliche Haftung der Banken begründen.

Urteil vom 17. September 2013 - XI ZR 332/12 
 
LG Heidelberg vom 19. Juli 2011 - 2 O 301/10 
OLG Karlsruhe vom 17. Juli 2012- 17 U 148/11 (veröffentlicht: WM 2012,
2333) 

Quelle: Pressemitteilung Nr. 149  des  Bundesgerichtshofs vom 17. September 2013.

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