Alternative: Policen-Verkauf?
Wem der Rückkaufswert zu niedrig ist, denkt über den Verkauf der Police nach. Policen-Aufkäufer übernehmen den Versicherungsvertrag gegen Zahlung eines Kaufpreises, der oberhalb des Rückkaufswertes liegt. Sie führen dann den Vertrag zu Ende und kassieren am Ende der Laufzeit die Ablaufleistung einschließlich aller Bonuszahlungen - ein Geschäft, das sich für den Aufkäufer offensichtlich durchaus lohnt.
Die Kaufangebote auf dem Zweitmarkt sind jedoch mit Vorsicht zu genießen. Manch ein Aufkäufer lockt mit Aufschlägen von 30-100 % auf den vom Versicherer zugesagten Rückkaufswert. Realistisch sei nach Einschätzung von Verbraucherschutzverbänden jedoch ein Aufschlag von allenfalls 10 %. Mehrere Aufkäufer haben sich bereits als unseriös erwiesen und waren zuletzt Gegenstand von Ermittlungen der Staatsanwaltschaft und der Finanzaufsicht.
Welche Handlungsalternativen gibt es?
Hier lohnt sich ein Blick auf die überraschend anlegerfreundliche Rechtsprechung der vergangenen Jahre die sich auf zwischen 2001 und 2007 abgeschlossene Verträge bezieht.
Mindestrückkaufswert und Verbot von Stornoabzügen
Angestoßen unter anderem durch die Verbraucherzentrale Hamburg haben die Instanzgerichte bis hin zum BGH insbesondere seit 2005 einzelne Klauseln von Versicherungsbedingungen unter die Lupe genommen und für unwirksam befunden; dies betrifft insbesondere folgende Regelungen:
" Bei Kapitallebensversicherungen, fondsgebundenen Rentenversicherungen und aufgeschobenen Rentenversicherungen ist eine Verrechnung der Abschlusskosten mit den ersten Beiträgen der Versicherungsnehmer nach dem so genannten Zilmerverfahren wegen unangemessener Benachteiligung des Verbrauchers unwirksam.
" Dem Versicherungsnehmer steht ein Mindestrückkaufswert in Höhe von ca. 50 % der eingezahlten Beiträge zu.
" Klauseln, die nicht hinreichend deutlich zwischen den sog. Rückkaufswert und Stornoabzug differenzieren, sind wegen Intransparenz unwirksam. In der Folge kann der Versicherungsnehmer Stornogebühren meist zurückerlangen.
" Unwirksam ist ebenfalls eine Regelung, die vorsieht, dass nach allen Abzügen verbleibende Beträge von unter 10,00 ? nicht erstattet werden.
Dieses Urteil des Bundesgerichtshofs (IV ZR 201/10 vom 25.07.2012) reiht sich ein in eine Vielzahl positiver Urteile zu Gunsten der Versicherungsnehmer.
Rückabwicklung
Der Bundesgerichtshof hat in einem Anerkenntnisurteil vom 29.07.2009 (Az. I ZR 22/07) die Rechtsprechung des Landgerichts Bamberg (Az. 2 O 764/04) bestätigt, die eine Lebensversicherung aufgrund eines Zuschlags auf unterjährige Zahlung rechtlich als Verbraucherkredit eingeordnet hatte.
Einen solchen kann der Verbraucher binnen 14 Tagen widerrufen, wenn er über dieses Widerrufsrecht ordnungsgemäß aufgeklärt wurde. Unterblieb diese Aufklärung - wie bei Lebens- und Rentenversicherungsverträgen - besteht dieses Widerrufsrecht unbefristet fort. Betroffen sind insbesondere Verträge, die ab dem 01.08.2002 abgeschlossen wurden.
Folge: Der Inhaber eines solchen Vertrages kann diesen heute noch widerrufen. Die Versicherung muss sämtliche Beiträge zuzüglich Zinsen erstatten.
Allerdings ist Vorsicht geboten: Versicherungen können ihre Kunden über dieses Widerrufsrecht auch nachträglich noch belehren. Dann läuft ab Zugang die einmonatige Frist zum Widerruf.
Unbefristetes Widerrufsrecht für Bankdarlehen mit Restschuldversicherung
Viele Banken legen ihren Kreditkunden den Abschluss einer Restschuldversicherung mit Nachdruck nahe - eine teure Absicherung, die vielfach vielleicht gar nicht benötigt wird.
Mit Urteil vom 15.02.2009 (Az. XI ZR 45/09) hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass Kredit und Restschuldversicherung ein sog. Verbundgeschäft bilden. Das Gesetz stellt dabei an die Widerrufsbelehrung besondere Anforderungen, die die Banken jedoch in vielen Fällen nicht eingehalten haben.
Die Folge ist erfreulich für den Verbraucher: auch hier steht ihm ein unbefristetes Widerrufsrecht zu. Die Versicherungsbeiträge plus Zinsen kann er vollständig zurückverlangen.
Auch hier gilt jedoch: Banken können die Widerrufsbelehrung nachholen!
Kickback-Rechtsprechung anwendbar
Vermittelt eine Bank Versicherungen, so muss sie auch bei dieser Anlageklasse über den Erhalt von Provisionen aufklären, so entschied zumindest das Landgericht Heidelberg am 13.07.2010 (Az. 2 O 444/09) und verurteilte die Bank zur Erstattung sämtlicher Beiträge plus Zinsen.
Fazit
Wer über die vorzeitige Beendigung seines Lebens- oder Rentenversicherungsvertrages nachdenkt, sollte unbedingt fachkundige Beratung in Anspruch nehmen.
Wer seine Police bereits gekündigt hat, sollte schnellstmöglich prüfen lassen, ob ihm weitere Ansprüche gegen die Versicherung zustehen.
Vorsicht Verjährung!
Der Anspruch des Versicherungsnehmers auf Rückzahlung verjährt am Ende des dritten Jahres nach Kündigung des Versicherungsvertrages. Wer also 2010 seinen Vertrag gekündigt hat, muss dieses Jahr noch handeln.
Für die Prüfung von Ansprüchen aus Lebens- und privaten Rentenversicherungen durch Fachanwälte, hat der BSZ e.V. die Interessengemeinschaft Versicherungen gegründet. Es bestehen gute Gründe hier die Interessen prüfen zu lassen und der Interessengemeinschaft beizutreten.
BSZ® Bund für soziales und ziviles Rechtsbewußtsein e.V.
Lagerstr. 49
64807 Dieburg
Telefon: 06071-9816810
Internet: http://www.fachanwalt-hotline.eu
Direkter Link zum Anmeldeformular für eine BSZ® Anlegerschutzgemeinschaft:
Foto: Rechtsanwältin und BSZ e.V. Vertrauensanwältin Marie-Caroline Pasquay
Dieser Text gibt den Beitrag vom 21. 01. 2013 wieder. Hiernach eintretende Veränderungen des Sachverhaltes sind nicht berücksichtigt und können zu einer anderen rechtlichen und auch tatsächlichen Beurteilung führen.
mcpasq
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