Samstag, September 19, 2009

Schwerwiegende Vorwürfe gegen Rechtsschutzversicherer und Rechtsanwälte

Der Artikel des Autors Mike Bohm vom 06.09.2009 in der Schweizer News4Press.com unter dem Titel: „RECHTSSCHUTZ bietet oft keinen Schutz • Wer schützt den Kunden vor seinen eigenen Anwalt? (http://www.news4press.com/RECHTSSCHUTZ-bietet-oft-keinen-Schutz-%E2%80%A2-_491339.html) enthält schwerwiegende Vorwürfe gegen Rechtsschutzversicherer und Anwälte, die nicht unwidersprochen bleiben können.

Dazu hat der BSZ e.V. den BSZ e.V. Vertrauensanwalt Dr. jur. Ulf Solheid, (08468 Reichenbach/ Vogtland, www.ra-dr-solheid.de) um eine Stellungnahme gebeten.

BSZ: Herr Dr. Solheid was sagen Sie zu der Behauptung Rechtsschutzversicherungen seien unnütz und eine Abzockmöglichleit für Rechtsanwälte?

Dr. Solheid: Rechtsschutzversicherungen sind nicht oft unnütz und bilden erst recht keine „Abzockmöglichkeit für Juristen“ die zum Gesetz geworden ist.

Das Versicherungsprodukt „Rechtsschutz“ ist sehr komplex und die richtige Eindeckung mit den modulmäßigen konzeptierten Deckungen gehört zu einer der anspruchsvollsten Aufgaben der Versicherungsvermittler bzw. Versicherungsmakler. Es bedarf einer genauen Analyse des Risikoprofils des Kunden und einer umfangreichen Aufklärung über die Grenzen der Deckungen, damit keine unbekannten Deckungslücken entstehen.

Im Laufe der Jahre wurde die Deckung der Rechtschutzversicherungsverträge immer mehr eingeschränkt, indem die „Spitzenrisiken“ aus dem Deckungskonzepten entnommen wurden. Die Erweiterung der Ausschlüsse ist eine Konsequenz des Versicherungskonzept per se, das Spitzenrisiken einer Versichertengemeinschaft nicht zuzumuten sind. Ein gut beratender Versicherungsvermittler wird darauf achten, dass alte Verträge mit den alten Beitrittsbedingungen mit den erweiterten Konzepten aufrechterhalten bleiben (beispielsweise ARB 75).

Die Rechtsschutzversicherungssparte bot in der Vergangenheit versicherungstechnische Gewinne für die Unternehmen. Inwieweit der Autor hier recht hat, zeigen die Bilanzen der Versicherungsgesellschaften.

Deswegen jedoch von einer „Abzocke“ zu sprechen ist unangemessen, erst recht, soweit Rechtsanwälte hierbei angesprochen sind. Der Rechtsanwalt hat keinerlei Vorteil von versicherungstechnischen Gewinnen der Versicherer. Im Gegenteil: Bei seinem Bestreben, für den Mandanten Rechtsschutz zu erkämpfen, erschwert sich die Arbeit des Mandanten orientierten Rechtsanwalts durch die enger werdenden Deckungskonzepte.

BSZ: Seit Jahren soll , wie in dem Artikel behauptet wird, der Rechtsschutz der beste Gewinngarant für Versicherungen und dubiose Juristen sein. Kann man das so stehen lassen?

Dr. Solheid: Dass der Rechtsschutz der beste Gewinngarant für Versicherungen und dubiose Juristen sein soll ist absurd. Um die Kosten der Rechtsschutzschäden zu reduzieren, bieten beispielsweise die Rechtsschutzversicherer über Hotlines eigene Rechtsberatungen an und stellen sich dadurch durchaus in Konkurrenz zur Anwaltschaft.

Gewinngarant für den Rechtsanwalt ist dessen solide und gute Arbeit, Erfolgsgarant für den Versicherer ist dessen maßgerechte Eindeckung und kundenorientierte Serviceleistung.

Wenn der Kunde nicht weiß, was versichert ist, so liegt das daran, dass er sich nicht der Mühe unterzogen hat, den Vertrag zu lesen, den er mit dem Versicherer abgeschlossen hat. Diese Mühe wird im niemand ersparen können, erst recht nicht der Rechtsanwalt im nachträglich eingetretenen Schaden.

BSZ: Herr Dr. Solheid was ist zu diesem Zitat aus dem genannten Artikel zu sagen?: „Übrigens kostet Recht in den meisten Fällen nichts, denn gewinnt man den Prozess, zahlt der Gegner die Kosten, verliert man, hat der eigene Anwalt einem einen Schaden zugefügt und muss Regress leisten.“


Dr. Solheid: Kein Rechtsanwalt kann den Erfolg eines Rechtsstreits garantieren. Die Urteile werden von Richtern gesprochen und Richter sind Menschen, die auch irren können. Der Rechtsschutz-Deckungsanspruch kann bereits wegen des erforderlichen Verschuldens nicht mit einem Haftungsanspruch gegen den Anwalt ausgetauscht werden.

Als Hilfsmittel für die Versicherte ohne Deckungsschutz kann stattdessen eine Finanzierung über einen Prozessfinanzierer infrage kommen.

BSZ: „Rechtsschutzversicherungen sind oft unnütz und leisten nicht, wenn man sie braucht. VieIe Risiken sind nicht versichert. Kunden wiegen sich in Sicherheiten, die nicht gegeben sind.“ Das sind weitere Behauptungen die in dem Beitrag aufgestellt werden. Ist das wirklich so?

Dr. Solheid: Gegen Deckungslücken hilft (seit Beginn dieses Jahres für alle Versicherungsverträge) § 6 des neuen Versicherungsvertragsgesetzes. Nach dieser Vorschrift ist der Versicherer bei erkennbarem Beratungsanlass (hier Deckungslücke) gehalten, die Deckungskonzepte des Versicherungsnehmers = Kunden zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen, um Lücken zu schließen. Individualvereinbarungen mit dem Versicherer sind nicht unüblich.

Verletzt der Versicherer/Versicherungsvermittler diese Verpflichtung, ist der zum Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verpflichtet.
Makler haften im Falle von erkennbaren Deckungslücken bei Nichteindeckung ohnehin aufgrund der Sachwalterhaftung des Bundesgerichtshofs.

Im Ergebnis ist dem Autor des angegriffenen Urteils daher entgegenzuhalten: „ se tacuisses...“

BSZ: Herr Dr. Solheid wir danken Ihnen für das Gespräch.

Mitgeteilt durch:
BSZ® Bund für soziales und ziviles Rechtsbewußtsein e.V.
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Telefon: 06071-9816810
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Dieser Text gibt den Beitrag vom 19.09.2009 wieder. Eventuelle spätere Veränderungen des Sachverhaltes sind nicht berücksichtigt

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