Freitag, April 11, 2008

Südwestrenta - typisch atypische Beteiligung?

„Im wesentlichen ist es immer die selbe Geschichte, die wir zu hören bekommen“ weiß Rechtsanwalt und BSZ® e.V. Vertrauensanwalt Jakob Brüllmann von Brüllmann Rechtsanwälte zu berichten: “Eigentlich wollten Anleger nur etwas für ihre Altersvorsorge tun und wurden dann ohne es zu ahnen - geschweige denn zu wollen - als atypisch still Beteiligte mithaftende Gesellschafter einer Anlagefirma.

Bei einer solchen atypisch stillen Beteiligung wird der Anleger wie ein Mitunternehmer der Beteiligungsgesellschaft behandelt. Als „stille“ wird die Beteiligung bezeichnet, weil der Anleger i.d.R nicht nach außen in Erscheinung tritt und in der Gesellschaft praktisch nicht mitreden oder -entscheiden darf. Atypisch ist die Beteiligung, weil der Beteiligte dennoch wie ein Mitunternehmer behandelt wird und als solcher sowohl am Gewinn als auch am Verlust „seiner“ Anlagefima beteiligt ist.

Zu den wohl bekanntesten Firmen dieser Art, die atypisch stille Beteiligungen an ihrer Gesellschaft anboten, gehören neben der „Frankonia-Gruppe“ und der mittlerweile insolventen „Göttinger Gruppe“, die Südwest-Finanz-Vermittlung erste, zweite und dritte AG aus Markdorf mit ihrem „Ratensparprogramm Südwestrenta plus“.

Im Rahmen einer solchen Beteiligung ist die Einlage entweder als sog. Einmalanlage - i.d.R. zwischen € 10.000,00 und € 50.000,00 oder in monatlichen Raten i.H.v. € 50,00 - € 300,00 zu erbringen. Die meisten Gesellschaften spekulieren mit den Anlegergeldern dann in Immobilien, Wertpapieren und anderen Unternehmen. Sind die Investitionen nicht erfolgreich, haftet der Anleger für die Verluste bis zur Höhe seiner Gesamteinlage. „Es besteht somit“ so Rechtsanwalt Marcel Seifert von Brüllmann Rechtsanwälte „für den Anleger grundsätzlich das Risiko eines Totalverlustes. Sind die stillen Beteiligungsmodelle darüber hinaus als sog. "Blind-Pool" konstruiert, wissen die Anleger nicht, in was ihr Geld konkret investiert wird. Sie erfahren nur allgemein, dass ihr Geld in Immobilien oder andere Unternehmen fließt. In den Prospekten der Firmen wird dies gerne als "Vertrauensinvestition" in das Management bezeichnet.

„Kaum einem Anleger ist bekannt,“ so Rechtsanwalt und BSZ® e.V. Vertrauensanwalt Seifert weiter, „welches Risiko er mit seiner Beteiligung eingegangen ist. Vielmehr suggerierten Begriffe wie ‚Pensionssparplan, oder ‚südwestrenta’, dass es sich bei der erworbenen Anlage um eine sichere Kapitalanlage, vor allem für die Absicherung im Alter handelt“. Hinzu kommt, dass atypisch stille Beteiligungen meist mit Laufzeiten zwischen 10 und 40 Jahren abgeschlossen werden und eine ordentliche Kündigung - laut Gesellschaftsvertrag - i.d.R ausgeschlossen ist. Wer trotzdem vorher aussteigen will, muss hierfür eine Abgangsentschädigung in Höhe von 15 bis 25 % seiner Gesamtanlagesumme bezahlen.

„Wir machen in letzter Zeit die Erfahrung, dass - wohl aufgrund einer wachsenden Sensibilisierung für die Risiken des grauen Kapitalmarkts - zunehmend viele Anleger so schnell als möglich wieder aus den Gesellschaften aussteigen und ihr eingezahltes Geld zurückerhalten wollen“, weiß Rechtsanwalt Brüllmann. Da die Gesellschaften jedoch i.d.R. nicht bereit sind, einmal geworbene Gesellschafter vorzeitig aus ihren Verträgen zu entlassen, gibt es inzwischen zahlreiche Urteile zu diesem Themenkomplex. Grundsätzlich sind dabei zwei Vorgehensweisen erfolgversprechend - eine Auseinandersetzung mit der Beteiligungsgesellschaft oder ein Vorgehen gegen den Berater:

So besteht unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit, die Beteiligung mit sofortiger Wirkung zu kündigen. „Hierfür ist das Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 19.07.2004 (Az: II ZR 354/02) von großer Bedeutung, durch welches die Rechte zehntausender Anleger gestärkt wurden“, führt Rechtsanwalt Seifert weiter aus. Der BGH entschied nämlich, dass derjenige, der sich aufgrund falscher Angaben über Nachteile und Risiken der Anlage als atypisch stiller Gesellschafter auf eine Investition eingelassen hat, von der Gesellschaft so gestellt werden muss, als hätte er die Verträge nicht abgeschlossen. Das bedeutet, die Gesellschaft muss dem Anleger sämtliche geleistete Zahlungen erstatten.

Bisher waren die Instanzgerichte davon ausgegangen, dass einem getäuschten Anleger, der vorzeitig aus dem Vertrag aussteigt, nach den Grundsätzen der sog. fehlerhaften Gesellschaft nur ein Auseinandersetzungsguthaben zusteht. Dieses Guthaben beläuft sich auf den aktuellen Wert der Beteiligung und beträgt häufig nur ein Bruchteil der geleisteten Einlage. Das Urteil des BGH ist daher für viele stille Gesellschafter von entscheidender Bedeutung, da sie jetzt eine echte Chance haben, ihre gesamte Einlage zurückzuerhalten.

Eine weitere Erfolg versprechende Möglichkeit stellt ein Vorgehen gegen den Anlageberater bzw. Vermittler dar. So wurde beispielsweise vom Landgericht Würzburg in seiner Entscheidung vom 17.08.2006 (Az: 64 O 2446/05) einem Anleger Schadensersatz gegen einen Vermittler zugesprochen, welcher nach Überzeugung des Gerichts „die Klägerin nicht in dem erforderlichen Maße über die Risiken der Beteiligung aufgeklärt und ihr keinen Emissionsprospekt übergeben hat“.

Zusammenfassend gibt die aktuelle Rechtsprechung atypisch stillen Gesellschaftern Anlass zur Hoffnung, sich nicht nur von ihrer Beteiligung zu lösen, sondern darüber hinaus auch ihre bisher geleisteten Einlagen ersetzt zu bekommen. Betroffene Anleger sollten daher nach Möglichkeit ihren Fall von einem auf das Kapitalanlagerecht spezialisieren Anwalt überprüfen lassen.

Betroffene können sich der BSZ® e.V. Anlegerschutzgemeinschaft „Südwest Finanz Vermittlung“ anschließen.

BSZ® Bund für soziales und ziviles Rechtsbewußtsein e.V.
Groß-Zimmerner-Str. 36 a,
64807 Dieburg
Telefon: 06071-823780
Direkter Link zum Anmeldeformular für eine BSZ® Anlegerschutzgemeinschaft: http://www.fachanwalt-hotline.de/component/option,com_facileforms/Itemid,165
Dieser Text gibt den Beitrag vom 11.04.2008 wieder. Eventuelle spätere Veränderungen des Sachverhaltes sind nicht berücksichtigt.

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