Samstag, Oktober 31, 2015

Ist der Widerruf von Kreditverträgen missbräuchlich oder verwirkt?

Viele Verbraucher ( § 13 BGB) nutzen aktuell die Möglichkeit, sich durch Widerruf von nach akueller Marktlage zu teuren, zu hoch verzinsten Immobiliendarlehen zu lösen. Obwohl diese Kreditverträge oft bereits vor vielen Jahren abgeschlossen wurden, besteht in vielen Fällen selbst heute noch ein Widerrufsrecht, weil die seinerzeit von den Kreditinstituten erteilten Widerrufsbelehrungen fehlerhaft sind.


Diese Widerrufsmöglichkeit gilt sogar dann, wenn die Immobilienkredite bereits vollständig zurückgezahlt sind. Sie ist insbesondere dann attraktiv, wenn aufgrund einer vorzeitigen Darlehensablösung von der Bank, Sparkasse oder Volksbank  hohe Vorfälligkeitsentschädigungen verlangt wurden.

Weil bei vielen Banken, Sparkassen und Volksbanken nahezu sämtliche zwischen 2002 und 2010 abgeschlossene Darlehensverträge fehlerhafte Widerrufsbelehrungen enthalten, ergeben sich aus dieser Entwicklung für die Kreditinstitute sehr hohe Kosten. Die Kreditinstitute versuchen daher, sich gegen diese Entwicklung vor den Zivilgerichten mit dem Argument zu verteidigen, der Widerruf seitens der Darlehensnehmer erfolge allein deshalb, um den Anspruch der Bank auf eine Vorfälligkeitsentschädigung sowie auf Zahlung vereinbarter Zinsen zu beseitigen.

Dies sei ersichtlich zweckwidrig, so dass der Widerruf rechtsmissbräuchlich und daher unzulässig sei. In Fällen, in denen die Darlehen bereits längere Zeit vollständig erledigt seien, sei das Widerrufsrecht zudem verwirkt.

Teilweise haben die Banken mit diesen Argumenten in erster Instanz vor Amts- und Landgerichten Gehör gefunden, so z. B.

beim LG Frankfurt am Main (Urteil vom 07.11.2014, Az. 2-05 O 157/14,

beim LG Bielefeld (Urteil vom 21.07.2014, Az. 6 O 459/13),

beim LG Bayreuth (Urteil vom 15.10.2014, Az. 41 O 308/14),

beim LG Hamburg (Urteil vom 27.11.2014, Az. 309 O 37/14) und

beim LG Berlin (Urteil vom 20.10.2015, Az 39 O 165/14)

Die Kreditinstitute ziehen diese für sie günstigen Entscheidungen regelmäßig zur Begründung heran, um die berechtigten Ansprüche der Verbraucher bereits vorgerichtlich zurückzuweisen.

Lassen Sie sich hiervon nicht abschrecken. Die Entscheidungen sind – ganz überwiegend – nicht rechtskräftig.

Eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs oder auch eines Oberlandesgerichts zu dieser Frage liegt bisher nicht vor.

Nach der rechtlichen Einschätzung der BSZ e.V. Anlegerschutzkanzlei Steffens werden diese Entscheidungen in der Berufungsinstanz keinen Bestand haben können.

Dies beruht im Wesentlichen auf folgenden Erwägungen:

Der Widerruf muss schlechthin nicht mit einer Begründung versehen werden (BGH, Urteil vom 22.05.2012, Az. II ZR 1/11). Die Gründe, warum sich ein Darlehensnehmer für die Geltendmachung des Widerrufsrechts entscheidet, sind damit für die Wirksamkeit des Widerrufs ohne jegliche rechtliche Bedeutung.

Der Verbraucher soll frei und ohne Furcht von dem nicht mehr gewollten Vertrag lösen können. Aus welchen Gründen er an dem Vertrag nicht festhalten will, ist allein seine Sache. Dies hat der Bundesgerichtshof zum alten Abzahlungsgesetz bereits entschieden (BGH, Urteil vom 19.02.1986, Az. VIII ZR 113/85). Der Widerruf ist allein von den gesetzlichen Voraussetzungen abhängig und unterliegt keiner Gesinnungskontrolle.
Der Widerruf kann regelmäßig keine unzulässige Rechtsausübung (§ 242 BGB) darstellen, denn dies würde eine besondere Schutzbedürftigkeit des Unternehmers, also der Banken, voraussetzen (BGH, Urteil vom 25.11.2009, Az. VIII ZR 318/08), wie z. B. bei arglistigem Handeln des Verbrauchers.

Der Widerruf eines Darlehens hat jedoch nicht das Ziel, den Darlehensgeber zu schädigen, sondern sich vom Kreditvertrag zu lösen. Dies ist gerade Sinn und Zweck des Widerrufsrechts.

Die mangelhafte Widerrufsbelehrung stellt eine Pflichtverletzung des Darlehensgebers dar, die dessen Schutzbedürftigkeit entfallen lässt. Der Gesetzgeber hat sich bewusst entschieden, dass Widerrufsrecht bei Fehlerhaftigkeit der Belehrung unbefristet zu gewähren. Es verbietet sich daher, es Kreditgebern durch eine Berufung auf § 242 BGB zu ermöglichen, sich einem formal zulässigen Widerruf zu entziehen.

Der BSZ e.V. empfiehlt geschädigten Kapitalanlegern sich immer einer Interessengemeinschaft anzuschließen. Nur so ist gewährleistet, dass eine Vielzahl von Informationen zusammengetragen werden kann. Die Anlegerschutzanwälte welche mit einer solchen Interessengemeinschaft zusammenarbeitet können sich damit optimal für die Interessen der betroffenen Anleger einsetzen.

Sie sind sich unsicher, ob bei Ihrem Vertrag eine Widerrufsmöglichkeit besteht? Für die kostenlose Erstberatung durch Fachanwälte für Bank- und Kapitalmarktrecht vermittelt der BSZ e.V. seinen Fördermitgliedern  bereits seit dem Jahr 1998 entsprechende Anwälte. Sie können gerne Fördermitglied des BSZ e.V. werden und sich kostenlos der von Ihnen gewünschten  BSZ e.V. Interessengemeinschaft anschließen.

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Telefon: 06071-9816810
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Bildquelle: © Michael Grabscheit / pixelio.de

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Dieser Text gibt den Beitrag vom 31.10. 2015 wieder. Eventuelle spätere Veränderungen des
Sachverhaltes sind nicht berücksichtigt. 
steff

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