Sonntag, April 14, 2013

Geschädigte Kapitalanleger: Die Streitgenossenschaft als die bessere Sammelklage.

Bei allen deutschen Gerichten vor allem in erster Instanz gehen völlig ungeordnet Tag für Tag die verschiedensten Klagen und Fälle ein. Für die Parteien bedeutet das: es dauert, es kostet, der Ausgang ist ungewiss. Dabei  kommt es zwangsläufig dazu, dass  zufällig an ein und dem gleichen  Tag vor verschiedenen Gerichten quer durch die Republik immer wieder die gleichen oder sehr ähnliche Fälle zur Verhandlung stehen, ohne dass die Parteien, Richter und sonstige Beteiligten beim Gericht ahnen, dass ziemlich exakt ihr Fall ziemlich gleichzeitig vor ein paar Dutzend anderen Gerichten verhandelt wird.


Die Justiz fabriziert somit aus einer an sich identischen Sache mit lediglich vielen Klägern und Beklagten so viele Einzelklagen, wie es Kläger gibt (bzw. Beklagte)  Damit werden mit der Sache statt eines Richters viele Richter beschäftigt.  Das Resultat: der eine Richter weist ab, der zweite gibt statt, der nächste entscheidet „halbe-halbe“ usw. 

Staunend verfolgt eine breite Öffentlichkeit in Deutschland, wie in den USA per Sammelklagen nach deutschem Rechtsverständnis unvorstellbar große Summen erstritten werden. Die Grundidee der „class action“ ist, dass ein Kläger stellvertretend für eine Gruppe betroffener Personen (Geschädigter) ohne vorherige Absprache mit den anderen gegen den Verantwortlichen ein Gerichtsverfahren anstrengt und das Urteil für und gegen alle Betroffenen wirkt, obwohl sich diese am Verfahren nicht beteiligen konnten. Die anderen Betroffenen können nur innerhalb einer bestimmten Frist durch ausdrückliche Erklärung sich dieser Wirkung entziehen („opt out“).

Die Anwälte, die solche Klagen betreiben, arbeiten auf der Basis eines Erfolgshonorars und sind daher oft für Vergleiche („lieber den Spatz in der Hand, als die Taube auf dem Dach“) sehr empfänglich. Oft – so lautet die Kritik – kommen den Anwälten hohe Summen zu, den eigentlich Geschädigten bleibt ein kaum nennenswerter Entschädigungsbetrag. Das Modell wird daher in Deutschland eher abgelehnt.

Nach deutschem Recht gibt es die Sammelklage nicht. Jedoch können gem. § 60 ZPO mehrere Personen  als Streitgenossen gemeinschaftlich klagen oder verklagt werden, wenn gleichartige oder auf einem im wesentlichen gleichartigen tatsächlichen und rechtlichen Grund beruhende Ansprüche oder Verpflichtungen den Gegenstand des Rechtsstreits bilden.  Eine Streitgenossenschaft liegt vor, wenn an einem Rechtsstreit mehrere Kläger und/oder mehrere Beklagte beteiligt sind.

Der BSZ® e.V. ist zur Bildung von Klage und Beklagtengemeinschaften nach seiner Satzung verpflichtet.

Die erste Idee der Streitgenossenschaft dient der Prozessökonomie: Es sollen eine Vielzahl von Verfahren nicht bei verschiedenen Gerichten zersplittert abgehandelt werden, sondern ein Gericht (ein Richter / Senat) soll über alle gesammelten Fälle gleichzeitig Recht sprechen. Dabei können gemeinsame Tat- und Rechtsfragen für alle Fälle gemeinsam beantwortet werden. Man braucht etwa nur einen Sachverständigen und es besteht auch nicht die Gefahr, dass verschiedene Gerichte die Rechtsfragen verschieden beantworten. Es ist also das Ziel, dass alle Verfahren vor einen Richter kommen und dass für die gemeinsamen Fragen jedenfalls auch ein Rechtszug zur nächsten Instanz möglich wird.

Die Streitgenossenschaft empfiehlt sich insbesondere in dem Bereich der Kapitalanlage, dem Erwerb von Aktienanteilen, sowie Immobilienfonds. Denn trotz  bestehender Anleger-und Verbraucherschutzgesetze kommt es immer wieder zur Verletzung solcher Verhaltensnormen, die dem Schutz der Kapitalanleger dienen sollen und häufig dann auch eine große Anzahl von ihnen schädigen, z.B. durch falsche Angaben über die wirtschaftliche Lage des Unternehmens. Mit der Streitgenossenschaft werden hier die Einzelinteressen geschädigter Kapitalanleger effektiv gebündelt.     

Insbesondere auch beim Verbraucherschutz gewinnt die Streitgenossenschaft an Bedeutung  Der Schaden, dem deutsche Verbraucher alljährlich aufgrund fehlerhafter Ware oder falscher Anpreisung erliegen, ist beträchtlich.  Auch bei der Bewältigung von großen Produkthaftungsfällen ist die Streitgenossenschaft  ein gefragtes Instrument, da sie die Möglichkeit bietet, Haftungsfälle, die eine große Zahl von Betroffenen umfassen, zu behandeln.

Betrachtet man den Ausgang der in Amerika angestrengten Sammelklagen, so läßt sich feststellen, daß gut 70 % der class actions nicht durch streitiges Endurteil, sondern mit einem Vergleich erledigt  werden.

Mit der Streitgenossenschaft bekommen Geschädigte Verbraucher  eine realistische Chance, ihre Schadenersatzansprüche auch gegen mächtige Unternehmen wirksam zu bündeln und geltend zu machen. In vielen Fällen wird schon die Einleitung der Klage durch die Streitgenossenschaft die Verhandlungsbereitschaft der beklagten Unternehmer deutlich erhöhen. Kommt es zu akzeptablen Vergleichen, wird die Justiz weiter entlastet.

Für den BSZ® e.V. ist es wichtig zu erreichen, dass der Zugang der Verbraucher zur Rechtsdurchsetzung gestärkt wird. Das wird mit der Streitgenossenschaft erfüllt.  Das Prozeßkostenrisiko ist dementsprechend wesentlich geringer, als wenn jeder selbständig seine eigene Forderung einklagt und eine Vielzahl von Anwälten beschäftigt werden müssen.  Die Beauftragung einer einzigen Kanzlei von einer Vielzahl von Klägern hat auch den Vorteil, daß viel mehr Informationen gesammelt und Aspekte berücksichtigt werden können, welche dem jeweils einzelnen möglicherweise überhaupt nicht zur Verfügung stehen. Die beauftragte Anwaltskanzlei ist dann viel besser in der Lage, aus der Fülle von Informationen diejenigen herauszuziehen, welche entscheidungsrelevant sind.

  • Für die Prüfung von Ansprüchen durch Fachanwälte für Bank- und Kapitalmarktrecht gibt es die BSZ e.V. Interessengemeinschaften. Es bestehen gute Gründe hier die Interessen zu bündeln und prüfen zu lassen und der betreffenden Interessengemeinschaftbeizutreten.


BSZ® Bund für soziales und ziviles Rechtsbewußtsein e.V.
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Dieser Text gibt den Beitrag vom 14. April  2013 wieder. Hiernach eintretende Veränderungen des Sachverhaltes sind nicht berücksichtigt und können zu einer anderen Einschätzung führen.

Über den BSZ e.V.:
Der BSZ® e.V.  arbeitet innerhalb der Interessengemeinschaft für geschädigte Kapitalanleger  mit Kanzleien zusammen, die in diesem Bereich nach Meinung von Marktbeobachtern zu den Besten in Deutschland gehören.  Die Anwälte haben langjährige Erfahrungen in allen Bereichen des Kapitalanlagerechts; sie haben ihre Fähigkeiten außerdem durch eine Vielzahl von ober- oder gar höchstrichterlichen Urteilen und durch hunderte von Vergleichen für ihre Mandanten unter Beweis gestellt. Der BSZ® e.V. vermittelt den Kontakt zu denjenigen Anwälten, die die betreffende Interessengemeinschaft betreuen. Der BSZ® e.V. arbeitet nicht mit Personen oder Unternehmen zusammen, die Kapitalanlagen entwickeln, initiieren oder vermitteln. Deshalb ist die Betreuung im Rahmen der Interessengemeinschaften umfassend und nicht in irgendeiner Weise eingeschränkt. Der Vorstand des BSZ® e.V. ist unabhängig und nicht weisungsgebunden. Der BSZ® kann dabei auf überdurchschnittliche Erfolge im Bereich Anlegerschutz verweisen: Ein Grund dafür ist, dass die Zusammenführung von Geschädigten in Interessengemeinschaften dazu führt, dass deren Rechte wesentlich effizienter wahrgenommen werden können als wenn jeder Anleger alleine tätig werden würde.

Übrigens: der kompetente Anlegerschutzanwalt wird dem geschädigten Kapitalanleger – bevor dieser dem  Anwalt  schlussendlich ein Mandat erteilt-  eine erste Einschätzung seines Falls vermitteln.

Der aktuelle BSZ e.V. Tipp:
Nach dem heutigen Stand der Rechtsprechung  dürfte es kaum noch Kunden beratender Banken geben, die sich gefallen lassen müssten, an erfolglosen Fondsbeteiligungen festgehalten zu werden. Mit kundiger rechtsanwaltlicher Hilfe bieten sich Erfolg versprechende Möglichkeiten, Schadensersatzansprüche umzusetzen. Das betrifft nicht nur aktuelle Fonds, sondern auch Vorgänge, die Jahre zurückreichen. In der überwiegenden Zahl solcher Fälle werden an beratende Banken Rückvergütungen geflossen sein. Das führt grundsätzlich zu einer Haftung von Kreditinstituten, die sich an, wie es der Bundesgerichtshof formuliert, fragwürdigen Vereinbarungen hinter dem Rücken ihrer Kundschaft beteiligt haben.

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