Freitag, September 21, 2012

'Verwertungskündigung' oder das rückübertragene Haus in den neuen Bundesländern


Immer wieder melden sich bei dem BSZ e.V. Betroffene die nach der Wende wieder als Eigentümer eines Eigenheims eingetragen worden sind, bzw.  ein solches Objekt im Erbgang erworben haben. Zu den dabei auftauchenden Problemen und Rechtsfragen hat der BSZ e.V. den Berliner Rechtsanwalt Lars Ihlenfeld um Aufklärung gebeten:

Die Kündigung eines Mietvertrags durch den Vermieter ist nach § 573 BGB nur möglich, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses vorweisen kann. Das Gesetz nennt in Absatz 2 beispielhaft drei verschiedene Interessenlagen, die die eine Kündigung begründen können. Am bekanntesten dürfte die sog. "Eigenbedarfskündigung" sein, wenn also der Eigentümer die vermietete Wohnung für sich oder seine Angehörigen benötigt. Weiterhin zählt zu den berechtigten Interessen die schuldhafte nicht unerhebliche Pflichtverletzung des Mieters; die wiederholt verspätete Mietzahlung ist hier ein immer wieder beliebtes Lehrbeispiel.

Aufwendiger in der Begründung ist es, die Kündigung darauf zu stützen, dass der Vermieter durch die Fortsetzung des Mietverhältnisses an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung gehindert und dadurch erhebliche Nachteile erleiden werde. Die Rechtsprechung zu diesem Komplex ist angesichts der zwei auszufüllenden Begriffe 'angemessen' und 'erheblich' uneinheitlich und der Prozessausgang daher schwer abzuschätzen.

Eine besondere Konstellation findet sich in den östlichen fünf Bundesländern. Durch das Gesetz zur Regelung offener Vermögensfragen fanden sich viele Leute als Eigentümer von Grundstücken mit Mietshäusern wieder, deren Mietverträge zu DDR-Zeiten geschlossen worden waren.

Neben dieser an sich sehr zu begrüßenden Tatsache sahen sich diese neuen alten Eigentümer aber auch  mit einigen Herausforderungen konfrontiert: Zum einen war die DDR nicht gerade berühmt für den hohen Instandhaltungsstandard, maW es gibt den einen oder anderen Euro zu investieren. Des weiteren findet man sich nicht selten Mietern ausgesetzt, die sich als Eigentümer gerieren und auf ihren VEB-Mietverträgen beharren, die ihnen eine Miete weit, aber wirklich ganz weit, unterhalb dessen garantieren, was wirtschaftlich vertretbar ist.

Dass wegen des Zustands des Hauses, an dem der Mieter u.a. auch durch recht eigenwillige Anbauten zu sozialistischen Zeiten nicht ganz unschuldig ist, gern auch noch die geringe Miete gemindert wird, versteht sich von selbst.

Schließlich sah man sich bis vor Kurzem auch noch gezwungen, beim Verkauf des Hauses aufgrund der bestehenden Mietverhältnisse und der ungewissen Räumungsaussichten erhebliche, um nicht zu sagen: erschütternde, Preisnachlässe zu akzeptieren. Ein wirtschaftlicher Nachteil sei nicht festzustellen: schließlich habe man das Objekt in einem vermieteten Zustand erhalten und das auch noch quasi "umsonst".

Aber dann kam der BGH, der Rächer der "Rückübertragenen" und wieder neu eingetragenen Eigentümer und erinnerte uns alle und insbesondere die Instanzgerichte an die Existenz des Art. 14 unseres Grundgesetzes, der das Eigentum schützt (BGH VIII ZR 226/09): So viel Verlust sei mit Blick auf dieses Grundrecht nicht akzeptabel und der Vermieter daher grundsätzlich zur sog. Verwertungskündigung berechtigt. Zumindest könne nicht einfach darauf abgestellt werden, dass der Eigentümer das Objekt in vermietetem Zustand erhalten habe und daher auch einen Verkaufspreis im vermieteten Zustand zu akzeptieren hat.  Wir halten dieses Urteil geeignet, das Dilemma verschiedener Eigentümer in den neuen Ländern aufzulösen, aus ihrem Haus zu wenige Einnahmen zu erhalten, um das Haus Instand halten geschweige denn setzen zu können und zugleich am Verkauf quasi gehindert zu sein.

Sofern der Mieter keine zum  Widerspruch gegen die Kündigung berechtigenden Härtegründe substantiiert vortragen und belegen kann, die zudem noch schwerer wiegen müssen als die Interessen des Eigentümers an einer angemessenen Verwertung seines Grundeigentums, sind die Aussichten eines Räumungsprozesses durchaus positiv zu bewerten.

Für weitere Informationen können sich betroffene Eigentümer dem BSZ e.V. Aktionsbündnis "Verwertungskündigung" anschließen.


 BSZ® Bund für soziales und ziviles Rechtsbewußtsein e.V.
Lagerstr. 49
64807 Dieburg
Telefon: 06071-9816810
Internet: http://www.fachanwalt-hotline.eu              

Direkter Link zum Anmeldeformular zu einem BSZ® Aktionsbündnis

Foto: Rechtsanwalt und BSZ e.V. Vertrauensanwalt Lars Ihlenfeld

Dieser Text gibt den Beitrag vom 21. 09. 2012 wieder. Hiernach eintretende Veränderungen des Sachverhaltes sind nicht berücksichtigt und können zu einer anderen rechtlichen und auch tatsächlichen Beurteilung führen.
ihl

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