Freitag, Juni 08, 2012

BGH zu einer im Kaufpreis einer Immobilie enthaltenen Innenprovision.


Keine arglistige Täuschung eines Anlegers durch den Vertrieb über die  Höhe einer im Kaufpreis einer Immobilie enthaltenen Innenprovision


Der u. a. für das Bankrecht zuständige XI. Zivilsenat des  Bundesgerichtshofs hat auf die Revisionen einer Bank in acht  Parallelfällen entschieden, dass Anleger nicht arglistig über die Höhe  der Vertriebsprovision getäuscht werden, wenn in dem Verkaufsprospekt angegeben wird, vom Gesamtaufwand entfielen für den Erwerb einer  Immobilie 76,70% auf "Grundstück, Gebäude incl. Vertrieb und Marketing"  und darin eine Vertriebsprovision in Höhe von 18,24% eingepreist ist. Die den Erwerb finanzierende Bank traf deshalb insofern keine Aufklärungspflicht unter dem Gesichtspunkt eines Wissensvorsprungs.

Das Berufungsgericht hat die Zwangsvollstreckung aus notariellen Urkunden, die im Zusammenhang mit dem Immobilienerwerb errichtet wurden und Darlehensrückzahlungsansprüche der Bank sichern sollten, für unzulässig erklärt. Auf die Revisionen der Bank hat der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs die Berufungsurteile aufgehoben und die Verfahren an das Berufungsgericht zurückverwiesen. 

Zur Begründung hat der Senat ausgeführt: 

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist eine kreditgebende Bank, mit der kein Anlageberatungsvertrag geschlossen wurde, bei steuersparenden Bauherren-, Bauträger- und Erwerbermodellen  zur Risikoaufklärung über das finanzierte Anlagegeschäft nur unter ganz  besonderen Voraussetzungen verpflichtet. Das ist etwa bei einem  Wissensvorsprung der Bank der Fall. Ein solcher liegt u.a. vor, wenn die  Bank positive Kenntnis davon hat, dass der Anleger von seinem  Geschäftspartner oder durch den Verkaufsprospekt über die von ihm zu zahlenden Vertriebsprovisionen arglistig getäuscht wurde. 

Der hier verwendete Verkaufsprospekt weist zwar nicht aus, dass in den Kaufpreis  eine Vertriebsprovision in Höhe von 18,24% eingepreist war.  Eine arglistige Täuschung, wie sie vom Berufungsgericht angenommen  wurde, liegt dennoch nicht vor. Der Anfall von Vertriebsprovisionen  wurde im prospektierten Gesamtaufwand unter der Rubrik  "Grundstück,  Gebäude incl. Vertrieb und Marketing" deutlich erkennbar dem Grunde nach  offengelegt. Auch eine Täuschung über die Höhe der Vertriebsprovision  ist nicht erfolgt. Aus der geringen Höhe anderer offen gelegter  Bestandteile des Gesamtaufwandes kann, entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts, nicht geschlossen werden, die im Kaufpreis enthaltene  Vertriebsprovision sei ebenfalls gering.

In den von den Vermittlern verwendeten formularmäßigen Vermittlungsaufträgen und Berechnungsbeispielen wurde ebenfalls nicht  arglistig über die Höhe der Vertriebsprovision getäuscht. Diese weisen zwar nur die vom Anleger direkt an den jeweiligen Vermittler zu zahlende  "Bearbeitungsgebühr" in Höhe von 3,42% aus. Darin liegt jedoch keine  abschließende Erklärung über Anfall und Höhe sonstiger  Vertriebsprovisionen. Im Gegenteil wird ausdrücklich darauf hingewiesen,  dass die Vermittler nicht nur für die Erwerber, sondern auch als  Nachweismakler für eine zwischengeschaltete Vertriebsgesellschaft tätig  werden und Provisionsansprüche auch gegen andere am Immobilienprojekt  Beteiligte bestehen können. Schließlich ergab die in den Vorinstanzen  durchgeführte Beweisaufnahme nicht, dass die Vermittler in den  Verkaufsgesprächen wahrheitswidrige Angaben über Anfall und Höhe weiterer Vertriebsprovisionen gemacht haben.

Mangels einer arglistigen Täuschung der Anleger durch den Vertrieb konnte der Bank deshalb nicht der Verwurf gemacht werden, eine  Aufklärungspflicht verletzt zu haben. Schadensersatzansprüche der Anleger gegen die Bank, die der Zwangsvollstreckung entgegen gehalten werden könnten, bestehen somit nicht.

Die Verfahren waren zur Klärung weiterer, vom Berufungsgericht bislang noch nicht geprüfter Einwendungen der Anleger zurückzuverweisen.

Urteile vom 5. Juni 2012 . XI ZR 149/11


LG Oldenburg - Urteil vom 11. September 2008 - 9 O 1139/06
OLG Oldenburg - Urteil vom 28. Februar 2011 - 3 U 47/08
XI ZR 173/11
LG Oldenburg - Urteil vom 8. März 2010 - 9 O 4267/04

OLG Oldenburg - Urteil vom 10. März 2011 - 8 U 53/10
XI ZR 174/11

LG Oldenburg - Urteil vom 8. März 2010 - 9 O 1121/05
OLG Oldenburg - Urteil vom 10. März 2011 - 8 U 54/10
XI ZR 175/11
LG Oldenburg - Urteil vom 8. März 2010 - 9 O 87/07
OLG Oldenburg - Urteil vom 10. März 2011 - 8 U 61/10
XI ZR 176/11
LG Oldenburg - Urteil vom 8. März 2010 - 9 O 2108/06
OLG Oldenburg - Urteil vom 10. März 2011 - 8 U 59/10
XI ZR 177/11
LG Oldenburg - Urteil vom 8. März 2010 - 9 O 710/06
OLG Oldenburg - Urteil vom 10. März 2011 - 8 U 57/10
XI ZR 178/11
LG Oldenburg - Urteil vom 8. März 2010 - 9 O 3429/05
OLG Oldenburg - Urteil vom 10. März 2011 - 8 U 56/10
XI ZR 179/11
LG Oldenburg - Urteil vom 8. März 2010 - 9 O 71/05
OLG Oldenburg - Urteil vom 10. März 2011 - 8 U 55/10

Quelle: Mitteilung Nr. 082/2012 vom 06.06.2012 der Pressestelle des Bundesgerichtshofs

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