Wegweisendes Urteil des OLG Hamburg:
Bank muss Anlegern vor einer Beteiligung an einem Medienfonds unbedingt den Prospekt vorlegen.
Medienfonds gelten als eine sehr riskante Anlageform – jetzt lässt ein Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Hamburg Anleger aufhorchen, die mit solchen Fonds Geld verloren haben.
Haben sie ihren Fonds-Anteil über eine Bank gezeichnet und dabei nicht rechtzeitig vor ihrer Unterschrift den vollständigen Fonds-Prospekt ausgehändigt bekommen, muss die Bank Schadenersatz leisten, so die Hamburger Richter (Az.: 11 U 189/04).
„Diese Entscheidung könnte für zahlreiche Privatinvestoren wegweisend sein, denn oft klärt nur der Prospekt über die Risiken der Anlage umfassend auf. Nicht selten händigen Bankberater ihren Kunden diesen Prospekt allerdings nicht oder zu spät aus“, kommentiert Rechtsanwalt Mathias Nittel von der Anlegerkanzlei Witt Nittel aus Heidelberg.
In der rechtskräftigen Entscheidung des OLG Hamburg ging es um einen Kunden, dem seine Bank im September 2000 in einem Brief eine Beteiligung an einem Medienfonds vorgeschlagen hatte. Als Informationsmaterial übersandte sie ihm ein Kurzexpose und einen Flyer, die jedoch nur beschönigend auf die Risiken des Investments hinwiesen. Beide Broschüren waren nach ihrem Wortlaut nur als „Kurzinformation“ und „grobe Vorabinformation“ zu verstehen und verwiesen ausdrücklich auf den umfangreichen Beteiligungsprospekt.
Der wurde dem Anleger allerdings auch bei einem Beratungsgespräch wenige Wochen später nicht überreicht. Der Kunde unterzeichnete am Ende des Gesprächs und beteiligte sich mit rund 50.000 Euro an einem Medienfonds, der sich mit der Filmproduktion befasste.
Diesen Betrag nebst Zinsen muss die Bank ihrem Kunden nun erstatten. Die Richter argumentierten, der Prospekt sei eine enorm wichtige Informationsquelle. Aufgrund ihrer „Informationsverantwortung“ habe die Bank daher die Pflicht, ihn dem Anleger so rechtzeitig zur Verfügung zu stellen, dass der Investor „vom Inhalt des Prospekts noch vor Zeichnung der Anlage Kenntnis nehmen kann“. Und zwar müsse sie das „unaufgefordert“ tun.
Anwalt Mathias Nittel weist noch auf einen weiteren Kernsatz der Entscheidung hin: „Das OLG Hamburg ließ auch die von Banken oft gebrauchte Ausrede, sie seien lediglich als Anlagevermittler und nicht als Anlageberater tätig geworden, nicht gelten.“ Das OLG führt aus, dass es auf die Unterscheidung zwischen Beratung und Vermittlung nicht ankomme: „Anlageberatung und Anlagevermittlung sind keine Gegensätze.“ Auch bei der Vermittlung bestünden Beratungspflichten und umgekehrt vermittle auch jeder Berater, der eine Empfehlung abgebe. Anwalt Nittel: „Da Banken leider immer wieder gegen ihre Informationspflichten verstoßen, sollten Anleger genau prüfen, ob ihr Institut in ihrem Fall korrekt gehandelt hat.“
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