Samstag, Juli 24, 2021

Wie die Verwaltung in Rheinland-Pfalz den Flutopfern zusätzlich das Leben schwer macht.

Die in das Flutgebiet angereiste Politprominenz hat in jedes vorgehaltene Mikrofon ihr Mitgefühl mit den von der Flut heimgesuchten Menschen bekundet und unbürokratische Soforthilfe versprochen. „Unbürokratische Soforthilfe“, das ist nicht nur positiv besetzt, nein es klingt auch gut und die Menschen glauben das auch tatsächlich. „Die Dringlichkeit schnelle Hilfe zu leisten haben die Angereisten ja mit eigenen Augen zur Kenntnis nehmen können“, sagt Horst Roosen, Vorstand des UTR |Umwelt|Technik|Recht| e,V. Im nachfolgenden Bericht des aus dem Fachbereich Wissenschaft und Technik bekannten Journalisten Holger Douglas erfährt der geneigte Leser was der Staat den auf möglichst rasche und unbürokratische Hilfe und Beratung angewiesenen Betroffenen, an „Soforthilfe“ anbietet. Eine einzige Selbstpersiflage. Rheinland-Pfalz nach der Flut: Erosion auf dem Acker und im Staat Die Verwaltung in Rheinland-Pfalz macht Flutopfern zusätzlich das Leben schwer: Bauern und Winzer im Kreis Ahrweiler, deren Anbauflächen durch die Flut weggespült wurden, müssen diese jetzt schnell aus Anträgen herausnehmen – sonst gelten sie als Subventionsbetrüger. Die Kreisverwaltung Ahrweiler teilt mit: »Die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion Trier hat (ADD) darauf hingewiesen, dass Flächenverluste, die auf das Extremwetterereignis der letzten Tage zurückzuführen sind und zu einer Änderung der im Agrarantrag 2021 gemeldeten Flächen führen, unverzüglich gemeldet werden müssen.« Weiter heißt es: »Landwirte und Winzer werden gebeten, sich mit den Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartnern der Kreisverwaltung Ahrweiler, Untere Landwirtschaftsbehörde, in Verbindung zu setzen.« In dieser Behörde sitzen fünf »Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartnern« in ihren trockenen Stuben und geben Telefonnummern und Mailadressen durch, wo sich die Bauern aus den Katastrophengebieten melden müssen. Der Kreis Ahrweiler ist einer der am stärksten durch das Hochwasser betroffenen Landstriche. Dessen Verwaltung warnt unmittelbar nach der Katastrophe Bauern und Winzer, die gerade vor den Trümmern ihrer Existenz stehen oder ihren Nachbarn helfen, schnell ihren sogenannten Flächenantrag zu ändern und die Flächenverluste zu melden. Die Wassermassen spülten einen Teil der landwirtschaftlich genutzten Flächen weg. Auf denen kann der Bauer in absehbarer Zeit zumindest nichts mehr anbauen. Diese Flächen müssen aus seinem Flächenantrag rausgerechnet werden, sonst begeht er Subventionsbetrug. Das ist Cross-Compliance-relevant und wird mit hohen Strafen geahndet. Geht es eigentlich noch dreister? Nicht nur die Erosion der Flächen wurde deutlich sichtbar, sondern auch die des Staates. Wer braucht einen solchen Staat mit einer unfähigen Verwaltung noch? Der stört nur noch, wie sich immer mehr auch bei den Aufräumarbeiten herausstellt. Beispiel: Feuerwehrleute berichten, wie sie unverrichteter Dinge aus dem Katastrophengebiet wieder abziehen mussten, weil ihnen niemand einen Auftrag erteilt hatte, ohne den sie sich strafbar gemacht hätten. Immerhin hat noch das Landwirtschaftsministerium in Mainz, in dem die etwas höher bezahlten Leute sitzen, nachgeschoben, dass »natürlich die Rückmeldung erst nötig« sei, »wenn Internet und Strom zur Verfügung stehen und die Antragsteller wieder dazu in der Lage sind.« Die Ministerpräsidentin Marieluise Dreyer sagte kürzlich, sie könne nur »weinen«. Doch die Tränen helfen nicht, wo sie dafür sorgen müsste, anständig das Land zu verwalten. Das ist auch schon vor der Flut nicht der Fall gewesen in Dreyers Landesregierung. Der früheren grünen Umweltministerin des Landes, Ulrike Höfen, wurde erst im vergangenen Jahr »grobe Rechtswidrigkeit« bei der Besetzung von Stellen attestiert durch das höchste rheinland-pfälzische Gericht, das Oberverwaltungsgericht in Koblenz. Immerhin trat Höfken später zurück, zu augenfällig wurden Unfähigkeit und grüne Günstlingswirtschaft sichtbar. Jetzt sitzt Anne Spiegel dem Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie und Mobilität in Rheinland-Pfalz vor, die nach einer Tätigkeit als Sprachtrainerin bei der Sprachenschule Berlitz dazwischen als Ministerin für »Familie, Frauen, Kultur und Integration Rheinland-Pfalz« zuständig für Migration und Integration sowie für gleichgeschlechtliche Lebensweisen und Geschlechtsidentität war. Sie benannte das alte Ministerium für »Umwelt, Energie, Ernährung und Forsten« erst einmal um, schaffte viele neue Ressorts, darunter auch die Abteilung mit dem wohlklingenden Namen »Hochwasserrisikomanagement, Hydrologie, Klimawandel in der Wasserwirtschaft und Kompetenzzentrum Hochwasservorsorge«. Fachfrau zum Thema »Kommunale Starkregenvorsorge in Rheinland-Pfalz« ist deren Leiterin Dr. Annalena Goll, die zu diesem Thema auch bei einer »Klimatagung« des Deutschen Wetterdienstes referierte. Vom aktuellen Hochwasser haben die Kompetenzträger in diesem »Kompetenzzentrum« aber offenbar noch nichts mitbekommen. Jedenfalls findet sich dort auf den Internetseiten nur ein Vortrag aus dem März 2021 »Wie verändert der Klimawandel die Hochwassergefahr?« Umwerfend das Motto: »Vorsorgen statt untergehen«. Hat man dort etwa von jenem einstigen legendären Sketch »Die Feuerwehr hilft« von Harald Schmidt und Herbert Feuerstein gelernt? Ja, wer sich nicht ‚uff de Wesch macht‘, hat halt verloren. Immerhin hat »Malu« Dreyer noch 2018 im Landtag zu Rheinland-Pfalz vorbeugend in schönstem Deutsch im Landtag erklärt: »In den kommenden fünf Jahren soll sich jede Verbandsgemeinde und jede verbandsfreie Gemeinde auf den Weg zu einem Hochwasserschutzkonzept machen.« Gegen den Bundeshochwasserschutz übrigens opponierte die von ihr geführte Landesregierung in Person ihres Innenministers Roger Lewentz übrigens heftig. *** Werden Sie ehrenamtlicher Gastautor/in des UTR e.V. 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