Sensationelles Urteil: Bundesgerichtshof erstmals mit „echter Beweislastumkehr“. Ab sofort geht jede Unklarheit in der Beweisführung zulasten der beklagten Finanzinstitute.
Unter dem Aktenzeichen XI ZR 262/10 und mit
Datum vom 8. Mai 2012 kommt vom Bundesgerichtshof (BGH) ein überaus
anlegerfreundliches Urteil. Der BGH entschied sich erstmals für eine „echte
Beweislastumkehr“. Deshalb dürfte es für Investoren künftig viel einfacher sein
als bislang, Schadenersatzansprüche wegen fehlerhafte Anlageberatung insbesondere
gegen Banken und Sparkassen durchzusetzen.
„Für Anleger ist dieses BGH-Urteil ein
Meilenstein“, kommentiert BSZ e.V. Anlegerschutzanwalt Jens-Peter Gieschen,Fachanwalt für Bank- und
Kapitalmarktrecht sowie Partner der auf Investorenschutz spezialisierten KWAG
Kanzlei für Wirtschafts- und Anlagerecht. Im Kern seiner Entscheidung akzeptiert
das höchste deutsche Zivilgericht nunmehr eine „echte Beweislastumkehr“ und
nimmt somit deutlich Abstand von seiner früheren Rechtsprechung. „Auf Grundlage
dieses Urteils werden Investoren ab sofort Schadenersatzansprüche wegen
fehlerhafter Anlageberatung gegen Finanzinstitute viel einfacher durchsetzen
können als bislang“, ist Gieschen überzeugt.
Hintergrund:
Bis dato und auf Grundlage der früheren
BGH-Rechtsprechung waren klagende Investoren in der Beweispflicht. „Jede
Unklarheit in der Beweisführung ging also zulasten der Kläger“, erläutert
Jens-Peter Gieschen. Selbst sobald feststand, dass die beratende Bank oder Sparkasse
ihre Aufklärungspflichten im Zusammenhang mit einem Investment verletzt hatte. Grundlage
für diese Rechtsauffassung war das BGH-Urteil vom 16. November 1993 unter dem Aktenzeichen
XI ZR 214/92. Nunmehr entschied das höchste deutsche Zivilgericht, dass die Beweislastumkehr
bereits greift bei erwiesener Aufklärungspflichtverletzung, und distanzierte
sich somit von seine fast zwanzig Jahre alten Entscheidung.
Beispiel:
Vor der aktuellen BGH-Entscheidung war das
Prozedere wie folgt: Gab es mehr als eine Handlungsmöglichkeit für den falsch
beratenen Anleger, musste dieser nachweisen, dass er von der Zeichnung eines
Produktes Abstand genommen hätte, falls ihn sein Berater z.B. über die Rückvergütung,
die die Bank vom Produktgeber für die Vermittlung des besagten Investments
erhält, aufgeklärt hätte. „Das aber war und ist in der Regel nicht ganz
einfach. Deshalb zielten die beklagten Finanzinstitute und ihre rechtlichen
Vertreter bei der Prozessführung genau darauf ab und versuchten die so genannte
Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens zu erschüttern“, erklärt Fachanwalt und
BSZ e.V. Vertrauensanwalt Gieschen. „Echte
Beweislastumkehr“ bedeutet, dass nunmehr die beklagte Bank beweisen muss, dass
ihr Kunde sich trotzdem für das Investment entschieden hätte, selbst wenn er
über die „Kick-backs“ informiert worden wäre.
Mit dem zu Grunde liegenden Fall muss sich
nunmehr erneut das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main beschäftigen
(Aktenzeichen: 19 U 2/10). Dort ging es im Berufungsverfahren (vorher
erstinstanzlich Urteil vom LG Frankfurt unter dem Aktenzeichen 2/26 O 100/09)
um die Schadenersatzforderung eines Klägers. Dieser verlangte von der
Commerzbank AG die Rückabwicklung seiner Beteiligung an der „Film &
Entertainment VIP Medienfonds 3 GmbH & Co. KG“. Investiert hatte der Kläger
35.000 Euro plus Ausgabeaufschlag in Höhe von 1.750 Euro. „Grund für die
Schadenersatzklage war die Tatsache, dass die Commerzbank ihrem Kunden die von
der Fondsgesellschaft für die Vermittlung der Beteiligung erhaltenen
Rückvergütungen verschwiegen hatte“, erläutert KWAG-Partner Jens-Peter
Gieschen, dessen Team den Kläger vor dem OLG Frankfurt vertritt.
Nach der BGH-Entscheidung muss sich das
Oberlandesgericht der Hessen-Metropole erneut mit dem Fall beschäftigen, und
zwar „unter Berücksichtung der nunmehr geltenden Beweislastumkehr“, so
Gieschen. Für die Finanzinstitute ist es nun allgemein weit schwieriger als bisher,
Schadenersatzforderungen ihrer Kunden vor Gericht abzuwehren. Und umgekehrt
„sind die Chancen geschädigter Investoren deutlich gestiegen, sich insbesondere
gegen Banken und Sparkassen wegen fehlerhafter Beratung durchzusetzen“, ist
Gieschen überzeugt.
Für die Prüfung derartiger Ansprüche durch Fachanwälte für Bank- und Kapitalmarktrecht hat der BSZ e.V. die Interessengemeinschaft "Anlageberatung unvollständig/fehlerhaft" gegründet. Es bestehen gute Gründe hier die Interessen zu bündeln und prüfen zu lassen und der Interessengemeinschaft beizutreten.
BSZ® Bund für soziales und ziviles
Rechtsbewußtsein e.V.
Lagerstr. 49
64807 Dieburg
Telefon: 06071-9816810
Internet: http://www.fachanwalt-hotline.eu
Direkter Link zum Anmeldeformular für eine
BSZ® Anlegerschutzgemeinschaft:
Foto: Rechtsanwalt und BSZ e.V. Vertrauensanwalt Jens-Peter Gieschen
Dieser Text gibt den Beitrag vom 07. Juli 2012 wieder. Hiernach eintretende Veränderungen des Sachverhaltes sind nicht berücksichtigt und können zu einer anderen Einschätzung führen.
Dieser Text gibt den Beitrag vom 07. Juli 2012 wieder. Hiernach eintretende Veränderungen des Sachverhaltes sind nicht berücksichtigt und können zu einer anderen Einschätzung führen.
kwag
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen