Freitag, November 06, 2009

Der private Anleger ist heute fast außerstande, auf dem breit gefächerten Markt von Tarifen, Verträgen, Bestimmungen, anfänglichen und effektiven Jahreszinsen, voraussichtlichen Gewinnentwicklungen und Agios, Disagios, Sonderbestimmungen, Gewinnbeteiligungen, Rückvergütungen, Beitragsbefreiungen und sonstigen durch Fachchinesisch verkompliziertem Angebotsspektrum zu wissen, wo eigentlich vorne und wo hinten ist. Das traurige Ergebnis: Es wird Geld gleich kübelweise zum Fenster hinausgeworfen.
Einige Fonds-Anbieter, die in das Visier von Anlegerschützern geraten sind haben nun eine neue Methode entwickelt, um von den berechtigten Fragen ihrer Anleger ablenken zu können: In Veröffentlichungen werden kritische Anwälte als „gierig“ und in ähnlicher Weise diffamiert. Anleger und Presse sollten auf derart billige Manöver nicht hereinfallen. Anleger haben nun einmal das Recht, sich anwaltlich beraten zu lassen und von der Geschäftsführung transparente Informationen zu erlangen.

Aus aktuellem Anlass hat der Vorstand des Bundes für soziales und ziviles Rechtsbewusstsein e.V. (BSZ e.V.) Dieburg, Herr Horst Roosen, Herrn Rechtsanwalt Steffen Hielscher der Rechtsanwaltskanzlei MHG Rechtsanwälte aus Jena zu einer Pressemitteilung der Fondsgeschäftsführung der CAPITAL GANTIEFONDS 02 GmbH & Co.KG Augsburg vom 04.11.2009 interviewt.

Dieses Interview war insofern wichtig und notwendig, da die Rechtsanwälte von MHG u.a. auch Mitglieder der BSZ-Interessengemeinschaft von betroffenen Capital Garantiefonds-Anlegern beraten. Herr Rechtsanwalt Steffen Hielscher stellt sich hier den kritischen Fragen des BSZ-Vereinsvorstandes zu der genannten Veröffentlichung:

BSZ:
Herr Rechtsanwalt Hielscher, laut Pressemitteilung des Fondsgeschäftsführers des CAPITAL GARANTIEFONDS 02, Herr Roland Buchta, vom 04.11.2009 wird von diesem die Frage aufgeworfen, warum ihre Kanzlei eine unabhängige Erstberatung von Anlegern des CAPITAL GARANTIEFONDS 02 anbietet? Können Sie uns und der Garantiefonds-Geschäftsführung diese Frage beantworten?

RA Hielscher:
Sehr gern, Herr Roosen. Da unsere Kanzlei bereits seit längerem vermehrt Fondsanleger verschiedener Gesellschaften betreut, wir daher mehrfach Gelegenheit hatten, uns auch mit dem von den Herrschaften Buchta und Wirsching gemanagtem geschlossenen Investmentfonds zu befassen, sehen wir, je tiefer wir in die Materie eindringen , einen umso größeren Beratungsbedarf für die Gesellschafter. So ist nach unserer Auffassung das Fondskonzept schon lange zum Scheitern verurteilt.

BSZ:
Herr Rechtsanwalt Hielscher, wer trägt Ihrer Meinung nach die Verantwortung für diese Situation?

RA Hielscher:
Ob dies allein am Fondsmanagement liegt, mag ich nicht beurteilen. Tatsache ist jedoch, dass das erschreckende Ergebnis des Fonds, wie es sich uns allein aus dem vorliegenden Zahlenmaterial darstellt, statt der im Prospektmaterial avisierten zweistelligen Gewinnprognosen nur alljährliche Verluste von mehreren Hundertausend Euro ausweist. Wie lange das eingesammelte Anlegerkapital noch ausreicht, diese Verluste und vor allem die hohen Kosten noch zu decken, ist äußerst ungewiss. Letztendlich wird wohl, wenn sich die Verlustserie der letzten Jahre so fortsetzt, die Liquidation des Fonds unausweichlich sein.

BSZ:
Sind die Anleger über die Situation des Fonds vom Fondsmanagement in Kenntnis gesetzt worden?

RA Hielscher:
Da nun nach unserer Erfahrung sich die Informationspolitik der Fondsmanager Buchta und Wirsching derart gestaltet, dass Anfragen entweder gar nicht beantwortet oder gar Gesellschaftern mit Strafanzeigen oder dem Ausschluss aus dem Fonds bedroht werden und für den einfachen Fondsgesellschafter die brisante Situation des Fonds nicht transparent ist, sehen wir es in unserer Funktion als Rechtspflegeorgan für notwendig an, Anfragen, die von Fondsgesellschaftern oder Mitgliedern der BSZ-Interessengemeinschaft an uns herangetragen werden, auch entsprechend zu beantworten.

BSZ:
Man könnte also sagen, dass Sie den betroffenen Anlegern einen neutralen Situationsbericht über ihre Anlage vermitteln?

RA Hielscher:
Das ist richtig! Da wir als Außenstehende dem Fonds nicht verpflichtet sind, wie etwa die Fondsgeschäftsführung, die Treuhänderin oder der Vertrieb, sehen wir uns auch als vom Fonds unabhängig an und können entsprechende fondsunabhängige Beratung anbieten.

BSZ:
Das Fondsmanagement in Person des Herrn Buchta wirft Ihnen in seiner Pressemitteilung dabei jedoch unseriöse Mandantenwerbung unter dem Deckmantel des Anlegerschutzes vor. Wie stehen Sie dazu?

RA Hielscher:
Unseriös sind für mich selbsternannte Fondsmanager, denen es bei der Initiierung von Finanzprodukten im Wesentlichen darum geht, sich aus Anlegergeldern mittels erklecklicher Geschäftsführergehälter und vertraglicher Verquickung persönlich zu bereichern, so wie wir es leider häufig in der Praxis erleben müssen. Dass der eine oder andere dieser Herren, deren besondere Qualifikation zur erfolgreichen Fondsgeschäftsführung einem sich oftmals nicht erschließt, sich sein schönes Einkommensabsicherungsmodell nicht von kritischen Rechtsanwälten vermiesen lassen will und dann, wie der sprichwörtlich betroffene Hund, wild anfängt zu bellen und zu beißen, liegt wohl in der Natur der Sache. Mich persönlich freut es aber, wenn es uns gelingt, dem geschädigten Anleger sein eingesetztes und schon verloren geglaubtes Geld, welches häufig zur Absicherung der Altersvorsorge gutgläubig angelegt wurde, wieder zurückholen und auf sein Konto überwiesen werden kann, auch wenn mir dass bei der Gegenseite aus nachvollziehbaren Gründen wenig Gegenliebe einbringt.

BSZ:
Das sind harte Worte Herr Rechtsanwalt Hielscher. Aber, zurück zum CAPITAL GARNTIEFONDS, ich glaube Sie haben mir meine Frage nicht beantwortet. Wie stehen Sie nun zu dem Vorwurf des Fondsmanagements, dass Sie den Anlegerschutz propagieren und dabei jedoch die Fondsanleger durch die Fondskosten für Rechtsanwälte und Gerichtsgebühren eher schädigen würden?

RA Hielscher:
Das halte ich für Unsinn. Wenn die Fondsgeschäftsführung ihre Gerichtsprozesse gewinnen würde, hat sie auch kein Schaden, da diese Kosten dann ja von den Rechtsschutzversicherungen unserer Mandanten bezahlt werden. Dass jedoch die Fondsgesellschaft aktuell unsere Kosten für sieglose Rechtsstreitigkeiten tragen muss, kann wohl kaum uns angelastet werden. Wir sind naturgemäß gehalten, die Interessen unserer Mandanten bestmöglich zu vertreten. Im Übrigen liegt es in der Hand der Herrschaften Buchta und Wirsching selbst, solche Prozesse und damit auch solche Kosten zu vermeiden, da wir sie regelmäßig vor einer gerichtlichen Inanspruchnahme auffordern, dem berechtigten Begehren unserer Mandanten Rechnung zu tragen. Wenn dies nicht erfolgt, bleibt uns schließlich nur der ordentliche Rechtsweg. Dass hat mit zweifelhaftem Anlegerschutz nichts zu tun, sondern nach meiner Auffassung eher mit Ignoranz der Sach- und Rechtslage.

BSZ:
Eine letzte Frage, Herr Hielscher, die Fondsgeschäftsführung zeigt sich erbost über eine Strafanzeige Ihrer Kanzlei?

RA Hielscher:
Weitergehende Ausführungen hierzu würden glaube ich den Rahmen sprengen. Ich möchte mich jedoch hier nicht um eine Antwort drücken, sondern verweise auf unsere Stellungnahme diesbezüglich auf unserer Internetseite: www.mhg-law.de unter der Rubrik Anleger-News. (Direkter Link: http://www.mhg-law.de/justorange.cms/18_Anleger-News/auswahl/18_2-091106134043.html )

BSZ: Herr Rechtsanwalt Hielscher, Vielen Dank für das Gespräch.

BSZ® Bund für soziales und ziviles Rechtsbewußtsein e.V.
Lagerstr. 49
64807 Dieburg
Telefon: 06071-9816810

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