Donnerstag, September 10, 2009

„Loan to Value"-Klauseln bringen Schiffsfonds ins Wanken.

BSZ e.V. Anlegerschutzkanzlei KWAG verfügt über umfangreiches Archiv an Prospekten.

Die Krise der Schifffahrtsbranche, insbesondere der Containerschiffe, ist in aller Munde. Aufgrund der weltweiten Finanzkrise ist der Absatzmarkt zusammengebrochen. Das wirkt sich auch auf die dementsprechenden Fonds aus. Die Ursachen für diesen Zusammenbruch sind vielfältig: Insbesondere bekommen nun diejenigen Schiffsfonds Liquiditätsprobleme, die nicht konservativ genug bei den Betriebskosten kalkuliert und auf „Schönwetter“ und hohe Frachtraten spekuliert haben.

Die Schiffsbranche ist kompliziert und für den normalen Anleger kaum zu durchschauen. Zu diesen Fakten treten solche hinzu, die dem Anleger bei Zeichnung seiner Schiffsbeteiligung gar nicht erst offenbart werden. So enthalten viele der Schiffbauverträge sogenannte „Loan to Value"-Klauseln. Hiermit wird das Verhältnis zwischen dem ausgezahlten Bankkredit und den dafür gestellten Sicherheiten beschrieben. Verliert ein Schiff in Zeiten sinkender Frachtraten und wegen des Auslaufens bestehender Charterverträge ohne entsprechenden Neuabschluss deutlich an Wert, wird der Kredit nicht mehr durch die gestellten Sicherheiten gedeckt. In einem solchen Fall kann die Bank oft zusätzliches Eigenkapital einfordern oder Nachbesicherungen fordern. Entweder müssen Anleger dann Gelder nach- oder zurückzahlen oder Auszahlungen werden ausgesetzt.

Bei Immobilienfonds sind derartige Fälle bekannt, bei Schiffen kann dieses auch kurzfristig geschehen, räumen Banker mittlerweile ein. Nach Presseberichten sind zum Beispiel beim Fondshaus Hamburg (FHH) acht Schiffsfonds kurz vor der Insolvenz und benötigen dringend neues Eigenkapital zum Überleben. In zwei davon haben die Anleger wohl bereits zugestimmt. Geld nach- oder zurückzuzahlen muss für den Anleger nicht immer die beste Alternative sein und sollte genauestens geprüft werden. Bei der HCI Capital AG haben die Anleger in einem Fall bereits die Reißleine gezogen und der Sanierung des Containerschiffes „Mar Catania“ nicht zugestimmt. Nunmehr muss der Flottenfonds mit nur 5 Schiffen weiterfahren.

Diese Fälle zeigen auf, dass eine genaue Untersuchung der eigenen Reaktionsmöglichkeiten für den Anleger dringend ratsam ist, um weitere Verluste zu vermeiden. In der Branche, aber nicht bei dem Anleger, ist beispielsweise bekannt, dass im Rahmen der Schiffsbeteiligungsvermittlung enorme Provisionen gezahlt werden. 15 Prozent und mehr sind keine Seltenheit. „Aufgrund der nicht nur kurzfristig andauernden Krise in den Seite 2 von 4 Schiffsfonds wird die Hauptaufgabe der Anleger und der sie vertretenden Anwälte in der nächsten Zukunft darin liegen, die zweifelhaften Aspekte in jeder Hinsicht unter die Lupe zu nehmen“, erklärt BSZ e.V. Anlegerschutzanwalt Jan-Henning Ahrens von der KWAG.

Hierzu gehört zunächst ein umfassender Prospektcheck, der neben der Angemessenheit des Kaufpreises für das Schiff auch die Plausibilität der laufenden Kosten untersuchen muss. KWAG verfügt über ein umfangreiches Archiv fast aller Prospekte aus dem Bereich der Schiffsfonds und hat mit der Prüfung auf relevante Prospektfehler bereits begonnen. Die Kanzlei vertritt bereits weit über tausend Anleger bei geschlossenen Fondsbeteiligungen und stellt sicher, dass mögliche Gesellschafterrechte und denkbare Schadenersatzansprüche gegen die Anbieter, den Vertrieb oder andere Personen sorgfältig geprüft und dann auch erfolgversprechend geltend gemacht werden können.

Es gibt Anhaltspunkte, aus denen der Anwalt klar und deutlich ableiten kann, dass ein Schiff überteuert eingekauft worden ist. Auch die teilweise gänzlich unzureichend kalkulierten Betriebskosten sowie unbekannte Risiken aus dem Kreditvertrag sind ein Indiz dafür, dass der Anleger im Rahmen der Beratung von falschen Voraussetzungen ausgehen musste. Zudem sind Anbieter möglicherweise nicht dem Aktualitätsgebot nachgekommen und haben beispielsweise alte Marktdaten aufgrund der sich rasch entwickelnden Krise nicht durch einen Prospektnachtrag korrigiert.

„Anleger, die heute Schadenersatzansprüche gegenüber den Emissionshäusern, den Reedereien oder den Vertrieben durchsetzen wollen, sollten sich darüber im Klaren sein, dass die Durchsetzung dieser Ansprüche nur dann gelingt, wenn über die Enttäuschung hinaus harte Fakten ins Feld geführt werden können, aus denen sich entweder Prospektmängel ableiten lassen, oder die Beratungsmängel offenbaren“, erläutert Ahrens. Mögliche Anspruchsgegner sind neben den Emissionshäusern auch die Vertriebe. Gegenwärtig können viele Fondsbeteiligungen aufgrund der sogenannten „Kick-Back“- Rechtsprechung rückgängig gemacht werden. Hierbei ist allerdings zu berücksichtigen, dass der Bundesgerichtshof in seinem Beschluss vom 20.01.2009 zwar die Anwendbarkeit dieser Rechtsprechung auch auf geschlossene Fonds, und somit auch auf Schiffsfonds, ausgedehnt hat, er hat jedoch bisher zumindest nicht eindeutig die Geltung dieser Rechtsprechung auch für sogenannte „freie Vermittler“ festgeschrieben.

Nach Auffassung von Rechtsanwalt Ahrens kann jedoch kein Zweifel daran bestehen, dass diese Rechtsprechung auch auf freie Vermittler anzuwenden ist. „Der BGH hat in seinem Beschluss vom 20.01.2009 insbesondere auf den Interessenkonflikt abgestellt, der sich dadurch ergibt, dass der Vertrieb hohe Rückvergütungen kassiert, die er dem Kunden gegenüber nicht offenbart. Aus dieser Konstellation kann sich ein Interessenkonflikt dahingehend ergeben, dass der Vertrieb im eigenen Provisionsinteresse Anlagen vermittelt, anstatt diese auf die Geeignetheit für den Kunden zu prüfen“, erklärt Ahrens.

Es gibt Anleger, die ihre Schiffsbeteiligung fremdfinanziert haben, das heißt, sie haben zur Finanzierung der Beteiligung einen Kredit aufgenommen. Diese Verbindung zweier Verträge birgt erhebliche Risiken in sich. Das größte finanzielle Risiko besteht darin, dass auch bei Schieflage der Beteiligung, namentlich wenn keine Ausschüttungen mehr erfolgen oder der Anleger sogar nachschießen muss, die Darlehensraten für den aufgenommenen Kredit weiter zu bedienen sind. Häufig sind die Verträge derart miteinander verknüpft, dass prognostizierte Ausschüttungen die Darlehensraten des Kredits bedienen sollen. Nicht selten werden in diesen Konstellationen zur Tilgung noch Lebensversicherungen abgeschlossen. Die Ablaufleistung dieser Versicherung soll dann den Kredit tilgen. Ein solches endfälliges Darlehen hat den Nachteil, dass es im Vergleich zu einem Annuitätendarlehen , das heißt der Anleger zahlt über die gesamte Laufzeit sowohl Zinsen als auch Tilgung, erheblich teurer ist.

Für diese Anleger gibt es zumindest dann einen Hoffnungsschimmer, so Rechtsanwalt Ahrens von KWAG, wenn beide Verträge, nämlich der Darlehensvertrag und der Beitrittsvertrag, im gesetzlichen Sinne miteinander „verbunden“ sind. Im Bürgerlichen Gesetzbuch sind spezielle Rechtsfolgen für diesen Fall geregelt. Die interessanteste Rechtsfolge dürfte darin zu sehen sein, dass bei Widerruf des Darlehensvertrages aufgrund einer falschen Widerrufsbelehrung der Anleger seine Beteiligung außerordentlich kündigen und der Bank statt des Rückzahlungsanspruches seinen Anspruch auf das Auseinandersetzungsguthaben entgegenhalten kann. Bei dieser besonderen Form der außerordentlichen Kündigung geht die Beteiligung quasi unter und wandelt sich in ein sogenanntes Rückgewährschuldverhältnis. Im Ergebnis ist der Anleger seine Beteiligung und seinen Darlehensvertrag los und die in den Vertrieb eingebundene Bank muss sich mit der Beteiligung „herumplagen“. Voraussetzung für diese Möglichkeit ist grundsätzlich die Widerruflichkeit des Darlehensvertrages. Diese ist z. B. dann gegeben, wenn die Widerrufsbelehrung des Darlehensvertrages falsch ist.

Rechtsanwalt Ahrens: „Wir haben gemeinsam mit Herrn Prof. Dr. Knops von der Universität Hamburg bereits eine Vielzahl unterschiedlichster geschlossener Fonds und damit einhergehend derjenigen Darlehensverträge auf die Widerruflichkeit geprüft, die zur Finanzierung dieser Fonds geschlossen worden sind. Bei der Überprüfung der dabei verwendeten Widerrufsbelehrungen konnten wir feststellen, dass ein hoher Prozentsatz fehlerhaft war“. Anleger der in Schieflage geratenen Schiffsfonds sollten prüfen, inwieweit Prospekthaftungsansprüche geltend gemacht werden können. Hierbei muss jedoch beachtet werden, dass eine kurze Verjährungsfrist für diese Ansprüche gilt. Herr Ahrens erläutert in diesem Zusammenhang, dass die kurze dreijährige Verjährungsfrist der Prospekthaftung kenntnisunabhängig beginnt. Dies hat für den Anleger den Nachteil, dass unabhängig von seiner Kenntnis über sogenannte schadensbegründende Tatsachen die Verjährung seiner Ansprüche eintreten kann.

Maßgeblich für den Beginn dieser Verjährung ist regelmäßig die Zeichnung des Fonds. Die Ansprüche aufgrund der möglicherweise erfolgten Falschberatung verjähren zwar auch in 3 Jahren – hierbei ist der wesentliche Unterschied zu der vorgenannten kurzen Verjährung der Prospekthaftung jedoch darin zu sehen, dass eine kenntnisabhängige Verjährungsfrist zu laufen beginnt.


Für betroffene Anleger gibt es also mehrere gute Argumente, sich der BSZ e.V. Interessengemeinschaft „Schiffsfonds" anzuschließen.

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Dieser Text gibt den Beitrag vom 10.09.2009 wieder. Eventuelle spätere Veränderungen des Sachverhaltes sind nicht berücksichtigt

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